SPÖ-Chefin Rendi-Wagner will der Regierung gleichzeitig die Hand reichen und den Druck erhöhen: Das Arbeitszeitgesetz müsse neu verhandelt werden.

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Wien – "Das Gesetz funktioniert nicht", sagt SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie fordert die Regierung "dringend" auf, eine Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes anzugehen und in den Dialog zu treten – mit den Oppositionsparteien, den Sozialpartnern und den Experten. Die SPÖ reiche der Regierung jedenfalls die Hand. Und erhöht erst einmal den Druck: Am Mittwoch brachte sie im Nationalrat einen Antrag auf eine Sondersitzung ein, die nächste Woche stattfinden soll.

Es sei der dringende Appell, die Regelung für den Zwölfstundentag und die 60-Stunden-Woche neu zu verhandeln, eine bloße Reparatur des Gesetzes werde nicht ausreichen. Die bisherige Praxis habe gezeigt, dass sich die Arbeitsbedingungen der Menschen verschlechtern würden, dass es zu Lohneinbußen komme und es de facto keine Freiwilligkeit gebe.

Spitze des Eisbergs

Mehrere Fälle seien bereits dokumentiert, die gekündigte Hilfsköchin aus Wien wurde ohnedies schon in den Medien herumgereicht, auch in Salzburg und Tirol gebe es konkrete Fälle, in denen Arbeitnehmer mit Dienstverträgen gegen ihren Willen zu einem Zwölfstundentag verpflichtet werden sollten. "Und das ist bloß die Spitze des Eisbergs", sagt Rendi-Wagner.

Nächste Woche will die SPÖ das Arbeitszeitgesetz im Nationalrat debattieren. Das Gesetz müsse komplett erneuert werden, heißt es seitens der Sozialdemokraten.
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Sollte die Regierung zu keinem Einlenken bereit sein? "Die Gewerkschaft wird das Anliegen in den laufenden Lohnverhandlungen zur Sprache bringen", sagt die SPÖ-Chefin. Josef Muchitsch, Sozialsprecher der Partei und Gewerkschafter, springt ihr bei: "Wir werden nicht ruhen, bis es ein Arbeitszeitgesetz gibt, das fair ist", sagt er. Dieses Gesetz werde die Regierung verfolgen, bis es repariert ist. Und wenn die Regierung glaubt, das wird sich schon beruhigen: "Nichts wird sich beruhigen!", setzt Muchitsch nach.

Täglich ein Einzelfall

Die Bedenken gegen das Gesetz, das ohne Einbindung der Sozialpartner, ohne Begutachtung und ohne Befassung im Parlamentsausschuss durchgedrückt worden sei, hätten sich bewahrheitet. "Täglich grüßt der Einzelfall", sagt Muchitsch. Er weiß von Betrieben, in denen den Arbeitnehmern ein neuer Gleitzeitvertrag ohne Zuschläge für die elfte und zwölfte Stunde vorgelegt worden sei. Es komme real zu Einkommensverlusten, die Leute müssten mehr arbeiten, bekämen dafür keine Freizeit – und von der groß proklamierten Freiwilligkeit sei keine Rede.

SPÖ und Gewerkschaften seien bereit, das Gesetz von Grund auf neu zu verhandeln. Die sechste Urlaubswoche, an der eine Einigung 2017 gescheitert war, sei diesmal keine ultimative Forderung mehr. Man sei an einem modernen und flexiblen Gesetz interessiert, von dem alle Seiten etwas hätten, beteuert Muchitsch.

Regierung schickt Arbeitsinspektor

Die zuständige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sieht allerdings keinerlei Notwendigkeit, die gesetzlichen Regelungen zu verändern oder zu verschärfen. Verstöße von Arbeitgebern gegen die Freiwilligkeit des Zwölfstundentages will sie von den Arbeitsinspektoraten überprüfen lassen, dazu werde es einen eigenen Erlass geben.

"Schwarze Schafe sind streng zu bestrafen", betont die Ministerin, der Strafrahmen sei höchstmöglich auszunützen. Das Gesetz nachbessern müsse man aber nicht.

Die Kritik der Hoteliersvereinigung bezüglich mangelnder Rechtssicherheit bei der freiwilligen Mehrarbeit kann Hartinger-Klein nicht nachvollziehen: Eine Dienstplanerstellung ist aus ihrer Sicht auch möglich, wenn die Arbeitnehmer jeweils im Einzelfall die Zustimmung zu einer elften und zwölften Arbeitsstunde geben müssen. (Michael Völker, 7.11.2018)