Ein sichtlich gut gelaunter Peter Gridling auf dem Weg zum U-Ausschuss-Lokal.

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Peter Gridling ist frei – zumindest was die BVT-Affäre betrifft. Seine Suspendierung wurde schon im Mai aufgehoben, die Wiederbestellungsurkunde als BVT-Direktor nach einigem Zögern durch Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) doch noch zugestellt, und vor zwei Wochen erklärte nun auch die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Gridling für beendet.

Diese komfortable Ausgangsposition nutzte Gridling, um am Mittwoch seinen Auftritt vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Rundumschlag zu gestalten. Schon in seinem Eingangsstatement griff Gridling den Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, direkt an. Dieser habe kein Interesse an Gridlings Aufklärung der Vorwürfe gezeigt, sondern ihn gewarnt, dass er "aufpassen soll", was er zu ihm sage, da Goldgruber als Zeuge gegen Gridling aussagen könnte. Außerdem habe Goldgruber davon gesprochen, dass eine Wiederbesetzungskommission einen neuen BVT-Chef suchen solle, obwohl Gridling bereits wiederbestellt war. Das könne man "durchaus als Drohung" interpretieren, sagte Gridling, wenngleich man sich dafür "wohl bedroht fühlen müsste".

Kritik an Staatsanwaltschaft

Auch auf die Staatsanwaltschaft ist Gridling nicht besonders gut zu sprechen. Über die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen müsse man nach deren Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss "wohl nichts mehr sagen", sagte Gridling zum Amüsement der Oppositionspolitiker.

Abends legte Gridling im "ZiB 2"-Interview noch einmal mit Kritik an der Vorgehensweise nach. So hätte er sich etwa gewünscht, dass allfällige Vorwürfe gegen das BVT zunächst im Gespräch mit ihm abgeklärt werden – "ich glaube, ich hätte viel dazu beitragen können zu einer Aufklärung".

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Im U-Ausschuss gab Gridling weiters an, dass er nach seiner Einvernahme bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erstaunt gewesen sei, dass im Vorzimmer Kickls Kabinettsmitarbeiter Udo Lett anwesend gewesen sei. "Der hat schon einen Meldezettel auf die Adresse der WKStA ausgefüllt", kommentierte SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer.

Um Goldgruber und Lett ging es auch in einem weiteren Themenkomplex, der in den vergangenen Wochen immer prominenter wurde. So soll Goldgruber bei Gridling nach verdeckten Ermittlern im Umfeld von Burschenschaften gefragt haben. Das bestritt Goldgruber in seinem Auftritt am Dienstag vehement. Gridling blieb aber bei seiner Darstellung. Im TV-Interview erklärte er, Gridling habe anlässlich einer Vorbereitung einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats bei ihm nach den Namen gefragt. Die SPÖ fordert jetzt eine Gegenüberstellung von Gridling und Goldgruber. Das wäre ein Novum, verfahrensrechtlich aber gedeckt.

Die beiden könnten gleichzeitig geladen werden, um Widersprüche aufzuklären. Dafür müssen nun die stenografischen Protokolle verglichen und dann der Verfahrensrichter überzeugt werden. Bis zu einem Showdown dürfte es also noch dauern. Peter Pilz und Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper hatten schon am Dienstag angekündigt, Goldgruber wegen Falschaussage anzeigen zu wollen.

Kabinettsinterventionen

Die Frage nach politischen Interventionen beim BVT betrifft auch die Zeit vor der freiheitlichen Ära im Innenministerium. So gab Gridling nach einigem Zögern und mehrfachem Nachfragen durch FPÖ-Fraktionsführer Hansjörg Jenewein zu Protokoll, dass er auch vom ehemaligen Kabinettschef Michael Kloibmüller nach operativen Details gefragt worden sei. Damals ging es um die Causa Alijew, die wiederum direkt mit den Lansky-Daten und somit den aktuellen Ermittlungen gegen BVT-Beamte zu tun hat.

Im "ZiB"-Interview nach einem möglichen ÖVP-Netzwerk innerhalb des BVT gefragt, erklärte dessen Chef dann: "Es ist unbestritten, dass es einige Besetzungen gibt und diese Besetzungen auch parteinahe Personen in Positionen gebracht haben." Für die Arbeit spiele das aber "keine Rolle".

Im Ausschuss stritt Gridling die Vorwürfe gegen seine Person als "Unsinn" ab. Bezüglich der Lansky-Daten forderte er mehr Differenzierung, eine Nichtlöschung von Daten sei ihm definitiv nicht bekannt.

BVT-Direktor Gridling hat am Mittwoch beim Untersuchungsausschuss zum Rundumschlag ausgeholt: Die Staatsanwaltschaft habe wegen unsinniger Zeugenaussagen eine Razzia angeordnet, sagt er.
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Dem Hauptbelastungszeugen W. attestierte Gridling Missmanagement. Dieser habe zeitweise jede Woche an Gridling berichten müssen, wie es in dessen Abteilung um "Skartierungspflichten", also die Aufarbeitung zu löschender Akten, stehe.

Nach wie vor sorgt auch die angebliche internationale Isolation des Verfassungsschutzes für Fragen. Gridling wollte dazu öffentlich nicht allzu viel sagen, er gab allerdings an, dass es "noch immer Zweifel" im Ausland gebe. Mit Auslandsbesuchen und persönlichen Gesprächen versuche er etwaige Bedenken bei ausländischen Geheimdiensten auszuräumen, sagte Gridling. Die Zusicherung der Korruptionsstaatsanwaltschaft, "dass diese sichergestellten Informationen zwar nicht versiegelt werden – weil das rechtlich nicht möglich ist –, aber als Verschlussache gleichwertig behandelt werden" und die "Versicherung, dass von diesen Informationen auch keine Kopie bei der WKStA liegt", seien dabei jedenfalls "sehr wichtig" gewesen, ergänzte der BVT-Chef in der "ZiB 2".

Beamtenverständnis

Und was das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) betrifft, erklärte Gridling nach schwerem Seufzen: Er habe ein "altmodisches Beamtenverständnis" und fühle sich verpflichtet, demjenigen zuzuarbeiten, der das Ressort führe, "allerdings ist natürlich das Vertrauensverhätnis schon beeinflusst".

Warum sich Österreich von Mai bis Oktober, also vor allem während Gridlings Suspendierung, aus dem Geheimdienstgremium "Berner Club" zurückgezogen hat, sollte die zweite Auskunftsperson, BVT-Vize Dominik Fasching, beantworten. Dieser gab an, bei einer Sitzung der Partner rund zwei Minuten über die Hausdurchsuchung und die Suspendierung von Gridling referiert zu haben. Details dazu wollte Fasching nicht öffentlich angeben.

Rücktrittsforderungen

Vor allem der Auftritt von Gridling schlug hohe Wellen. So forderten die Oppositionsparteien einhellig einen Rücktritt oder eine Suspendierung von Generalsekretär Peter Goldgruber. Die ÖVP konnte da nicht mit, zeigte sich aber in Bezug auf die Widersprüche alarmiert. Die Freiheitlichen verwiesen hingegen auf Interventionen im BVT durch das ÖVP-geführte Kabinett, die von Goldgruber rasch abgestellt worden sein sollen. (Fabian Schmid, Maria Sterkl, 7.11.2018)