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Berichterstatter Axel Voss (CDU) war federführend an jenem Entwurf der Urheberrechtsreform beteiligt, dem das EU-Parlament zustimmte.

Foto: reuters/kessler

Die geplante Reform des Urheberrechts innerhalb der EU sollte eigentlich die Rechte der Kunstschaffenden und Rechteinhaber stärken. Dafür nahm das EU-Parlament bei einer Abstimmung im September auch mehrere umstrittene Punkte in Kauf, darunter einen Uploadfilter und das sogenannte Leistungsschutzrecht. Nun soll der Artikel 14, der Künstlern Vorteile verschaffen soll, im Geheimen weitgehend aufgeweicht werden.

Faire Entlohnung und Transparenz

Konkret hatte der Artikel vorgesehen, dass Künstler eine faire Entlohnung erhalten, wobei die legale private oder nichtkommerzielle Nutzung nicht eingeschränkt werden soll. Sie erhalten laut dem Text künftig faire Anteile am Erfolg eines Inhalts – und sollen transparent darüber informiert werden, welche Einnahmen der Vertragspartner hatte, um Ausbeutung zu verhindern. All das soll nun gestrichen werden, berichtet netzpolitik.org. Zudem machten sich Kommission und Rat dafür stark, dass etwa Knebelverträge weiterhin legal bleiben.

Kritik von Datenschützern

Pikant ist dabei, dass der Berichterstatter Axel Voss (CDU), der sich zuvor für die Reform starkgemacht hat, die Abänderung unterstützt. Thomas Lohninger von der Grundrechte-NGO Epicenter Works kritisiert in diesem Zusammenhang gegenüber dem STANDARD: "Nun wird auch der letzte Punkt der Urheberrechtsreform abgesägt, der echten Mehrwert für Künstler geschaffen hätte. Die zusätzlichen Transparenz- und Fairnessbestimmungen sollen gestrichen werden."

Damit zeige sich einmal mehr, dass nur große Unternehmen von der Reform profitieren würden, nicht aber Kunst- und Kulturschaffende. "Damit muss auch den letzten Verteidigern dieser Reform klar sein, dass diese Punkte nicht zur Verbesserung der Situation der Urheberinnen und Urheber dienen", sagt Lohninger.

Sozialdemokraten verärgert

Auch die Sozialdemokraten sind verärgert. Evelyn Regner, Delegationsleiterin der SPÖ, sagt zum STANDARD: "Wir SozialdemokratInnen haben im Europaparlament die Verpflichtung zur fairen Entlohnung von Kreativen ins neue EU-Urheberrecht gebracht." Dadurch gebe es für Künstler die Möglichkeit zu erfahren, wie viel Geld tatsächlich verdient wird, bei Erfolg nachzuverhandeln und die Vergütung anzupassen. "Wenn die Nationalstaaten jetzt aber mithilfe des konservativen Verhandlungsführers Axel Voss dieses Herzstück der Reform streichen, gibt es gar keinen Grund mehr, der Einigung am Ende zuzustimmen", sagt Regner.

Grüne kritisieren SPÖ

Schärfer fällt die Reaktion der Grünen aus, die die Zustimmung der Sozialdemokraten in einer Stellungnahme an den STANDARD kritisieren: "Die Sozialdemokraten haben sich wieder einmal über den Tisch ziehen lassen. Das die Verhandlungen so industriefreundlich ablaufen, ist keine Überraschung. Schon gar nicht unter der österreichischen Ratspräsidentschaft", sagt Michel Reimon, Co-Delegationsleiter der Grünen im Europaparlament.

FPÖ: Noch wird verhandelt

Die FPÖ verweist wiederum darauf, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen seien. Der Pressesprecher der FPÖ-Delegation im Europaparlament, Carl-Gustav Ströhm, sagt, dass die FPÖ sich im September enthalten habe, da man die Vor- und Nachteile des Entwurfs gesehen habe. "Hier gibt es klarerweise massive wirtschaftliche Interessen von Verlagen und Labels, die nach wie vor versuchen, den Entwurf zu ihren Gunsten zu beeinflussen", sagt Ströhm.

EVP: Es geht nur um das Wort "angemessen"

Aus EVP-Kreisen heißt es gegenüber dem STANDARD, dass bloß die Formulierung geändert werden solle. "Niemand will die Transparenz oder die 'faire' Bezahlung infrage stellen", heißt es. Eher gehe es um das Wort "proportionate", das im Entwurf enthalten ist.

Frei übersetzt steht darin, dass Künstler eine "faire und angemessene Vergütung" erhalten sollen. "Angemessen" soll nun gestrichen werden. "Hier soll verhindert werden, dass verpflichtend ein Teil des Gewinns oder Umsatzes bezahlt werden muss und Pauschalvergütungen daher grundsätzlich unmöglich gemacht würden", lauten die Informationen.

Globale Lobbyingschlacht

Die Urheberrechtsreform hat in den letzten Monaten zu einer globalen Lobbyingschlacht geführt. Im September stimmte das Europäische Parlament für eine Reform mit sogenannten Uploadfiltern und einem Leistungsschutzrecht, was für massive Kritik von Datenschützern und Netzaktivisten sorgte. Ersteres sieht vor, dass alle großen Plattformen, die große Mengen an nutzergenerierten Inhalten anbieten und diese bewerben, künftig automatisiert prüfen müssen, ob eine Verletzung vorliegt. Das Leistungsschutzrecht soll hingegen forcieren, dass Aggregatoren wie etwa Google News künftig keine Titel oder Anreißertexte kostenlos anzeigen dürfen. (Muzayen Al-Youssef, 9.11.2018)