Das Stadion im Prater wurde 1931 eröffnet und seither mehrmals renoviert bzw. umgebaut. Der Denkmalschutz wurde 2001 verfügt – unter Schwarz-Blau.

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Hacker: "Nicht aus jeder Träumerei wird ein Projekt."

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Wien – Und auf den Sprungturm der Großschanze kommt dann noch ein Restaurant mit einem Heli-Port auf dem Dach." Man kann es süffisant nennen, wie der Wiener Sportstadtrat Peter Hacker jene Pläne kommentiert, die in den vergangenen Wochen nicht nur in der virtuellen Welt kursierten. Da hat etwa ein schon etliche Jahre altes Konzept wieder Flügel bekommen, das ein neues, riesengroßes Stadion mit tatsächlich eingebauter Großschanze vorsah – prompt hat Skiverbandspräsident Peter Schröcksnadel das Projekt als verfolgenswert bezeichnet.

Nur vergleichsweise realistisch kam ein anderer Plan daher, der das Happel-Stadion in ein Shoppingcenter und Wohnprojekt nach Gasometer-Vorbild verwandelt sieht. Auf diesem Plan steht eine neue, multifunktionale Arena zwischen dem alten Stadion und der Hauptallee, ihr fallen der Stadionbadparkplatz und die Union-Sportanlage (Rugby etc.) zum Opfer, die Meiereistraße müsste "verlegt" werden, wie es heißt.

"Großartig, wie die Fantasien zu blühen beginnen", stellt Hacker im Gespräch mit dem STANDARD fest. Der Sportstadtrat hat "nichts gegen Träumereien. Es gibt kein Projekt, das nicht vorher eine Träumerei war. Aber nicht aus jeder Träumerei wird ein Projekt. Am Ende muss immer die eine entscheidende Frage beantwortet werden: Was ist finanzierbar?" Die Debatte um ein neues "Nationalstadion" begleite ihn seit seinem Amtsantritt vor fünf Monate. Er habe sie "nicht begonnen", und ihm habe noch niemand "auch nur ein Stück Papier mit einer Kalkulation darauf" gezeigt.

München ist anders

Vergleiche mit München und London, zwei anderen großen Städten, in denen in jüngerer Vergangenheit große Stadien errichtet wurden, würden sich laut Hacker weitgehend erübrigen. Ad München: "Da spielt ein großer Verein permanent in der Champions League und füllt auch in der Bundesliga das Stadion." Wien verfüge zwar, im Gegensatz zu München, über sogar zwei Erstligisten. Doch die Champions League ist weit weg, und es sei stets klar gewesen, dass ein Wiener Fußballstadion "nicht abwechselnd grün und violett erstrahlen kann". So gesehen sei es klug gewesen, in einen Neu- (Rapid) und einen Ausbau (Austria) zu investieren. Hacker: "Diese zwei Stadien passen zu den zwei Mannschaften."

In London war das alte Wembley-Stadion mit seinen zwei berühmten Türmen einfach abgerissen worden und, von leisen Protesten begleitet, einer neuen, famosen Arena gewichen. "Bei uns gibt es wahrscheinlich einen anderen Denkmalschutz als in England", sagt Hacker dazu und meint: einen strengeren.

Denkmalgeschützt seit 2001

Der Denkmalschutz des 1931 eröffneten und später mehrmals renovierten Praterstadions, den Vizekanzler und Sportminister Heinz-Christian Strache (FPÖ) "unsinnig" nannte, wurde 2001 unter Schwarz-Blau per Verordnung des Bundesdenkmalamts verfügt – Vizekanzlerin und Sportministerin war Susanne Riess-Passer (FPÖ). Seither sind Veränderungen am Bauwerk oder eine Zerstörung bewilligungspflichtig. Darüber muss das Bundesdenkmalamt (BDA) befinden.

Das Happel-Stadion als Denkmal ist aber nicht in Stein gemeißelt. So kann der Eigentümer des Objekts, in diesem Fall die Stadt Wien, die "bescheidmäßige Feststellung des Denkmalschutzes beantragen", heißt es vom BDA auf Anfrage des STANDARD. Stellt die Behörde im Rahmen dieser Prüfung kein öffentliches Interesse an der Erhaltung mehr fest, ist der Denkmalschutz aufgehoben. Dieses Szenario hat Strache im Sinn – allerdings bräuchte er die Unterstützung der rot-grünen Wiener Stadtregierung. Sportstadtrat Hacker sagt dem STANDARD: "Wenn der Vizekanzler den Denkmalschutz des Happel-Stadions wegbekommt, hab ich nichts dagegen."

Wo sind Konzepte?

Ein Abriss und Neubau an derselben Stelle ist möglicherweise die sinnvollste Variante. "Wien", sagt Hacker, "wird nicht 100 Millionen Euro aus dem Stadtbudget in ein Stadion stecken, in dem sechsmal im Jahr ein Länderspiel stattfindet und sonst nicht viel." Soll heißen, für den Stadtrat ist neben einem leistbaren Bauplan ein ordentliches Betriebsführungskonzept eine unabdingbare Voraussetzung. "Sonst bin ich im Zweifelsfall dafür", sagt Peter Hacker, "dass Kindergärten und Schulen gebaut werden." (8.11.2018, Fritz Neumann, David Krutzler)