Im Palais Schottenring werden aktuell Quadratmeterpreise von bis zu 35.000 Euro verlangt – und angeblich auch gezahlt.

Visualisierung: cuubuus architects & developers

Luxus, Luxus, Luxus: Wer momentan durch den ersten Bezirk spaziert, wird feststellen, dass im sogenannten Highend-Segment so viel gebaut wird wie noch nie.

Dabei handelt es sich rund um die bzw. innerhalb der Ringstraße naturgemäß meist um Revitalisierungen altehrwürdiger Substanz: Die frühere Telegrafenzentrale am Börseplatz – erbaut unter Kaiser Franz Joseph I. – wird soeben in ein Luxusprojekt mit 39 Wohnungen umgebaut. Für die günstigste noch erhältliche Wohnung werden Quadratmeterpreise von 14.500 Euro verlangt. Nicht weit davon entfernt steht das Palais Schottenring mit weiteren 36 in Bau befindlichen Luxuswohnungen. Und dort erreichen die Angebotspreise sogar 35.000 Euro.

Die Liste an Luxuswohnprojekten lässt sich weiter fortsetzen: In der nahegelegenen Werdertorgasse wird seit kurzem an den Projekten "Werder Six" und "Am Werder Tor" mit 93 Wohnungen gebaut. Die Preise beginnen hier bei vergleichsweise günstigen 7000 Euro und reichen in den Regelgeschoßen bis 18.000 Euro, im Dachgeschoß ist noch mehr zu bezahlen. Ebenfalls in der Werdertorgasse entsteht gerade das Projekt "Cotton Residence".

In der Goethegasse 1 finalisiert die Wohnkompanie gerade elf Luxuswohnungen. Und in der Riemergasse startet nun die Revitalisierung des alten Handelsgerichts. Auch hier sollen über einem Fünf-Sterne-Hotel Wohnungen in den Dachgeschoßen entstehen, die zu Höchstpreisen verkauft werden sollen.

Wenige Transaktionen

Fragt man die Immobilienentwickler, so beteuern sie naturgemäß, dass sich die Wohnungen ausgezeichnet verkaufen. Manchem Marktkenner macht das stetig wachsende Angebot allerdings schon Kopfzerbrechen. Wohlgemerkt das Angebot, nicht die Nachfrage – die sei nämlich über die Jahre etwa gleich geblieben, erläutert Wohnimmobilienexperte David Breitwieser von EHL. Wohnkompanie-Chef Roland Pichler, der sechs der elf Wohnungen in der Goethegasse schon verkaufen konnte, berichtet sogar von einer "seit wenigen Wochen" spürbar steigenden Nachfrage.

Vera Skala, Geschäftsführerin des auf Osteuropäer spezialisierten Maklerbüros Austria Real, sieht die Situation im ersten Bezirk aber kritisch: "Die Preise sind viel zu hoch und das Angebot ist zu groß." Laut ihrer Grundbuchrecherche wurden heuer im Ersten erst 65 Wohnungen verkauft (neue und gebrauchte). Zum Vergleich: Laut den Zahlen von Remax waren es 2017 genau 121 Einheiten. Die Preise, die dafür tatsächlich bezahlt wurden, seien allesamt bei nicht viel mehr als 10.000 Euro pro Quadratmeter gelegen, so Skala.

Pichler erinnert die Situation an die Zeit vor zehn bis 15 Jahren, als ebenfalls sehr viele Dachgeschoßmaisonettes entstanden. "Die sind alle irgendwann verkauft worden." Genauso werde es auch nun sein, pflichtet Georg Spiegelfeld, Makler mit Büro am Stubenring, bei. Jedenfalls im ersten Bezirk, wo zahlreiche Private, aber etwa auch Privatstiftungen weiterhin Immobilien kaufen, vorrangig um Geld zu parken. Die Rendite ist dabei nicht wichtig.

Teuerste Wohnung der Stadt

"Wir dachten zunächst auch, dass viel zu viel gebaut wird, es wird ein Chaos werden", gibt Spiegelfeld unumwunden zu. Gespräche mit Banken und anderen Playern hätten dann aber gezeigt, dass die Lage wohl nicht so dramatisch wird wie befürchtet. "Es wird halt ein bisschen länger dauern, alles zu verkaufen."

Dass manche Entwickler nun einen längeren Atem brauchen, glaubt auch Richard Buxbaum, Wohnimmobilienexperte bei Otto Immobilien – und am Schluss werde auch nicht immer der erhoffte Preis gezahlt werden. "Aber es ist wichtig zu sehen, dass sich gute Qualität verkaufen lässt."

Und so versuchen die vielen, vielen Luxusprojekte in den alten Gemäuern der Inneren Stadt sich zumindest in der Vermarktung voneinander zu unterscheiden. Das Projekt am Börseplatz wirbt beispielsweise seit kurzem international damit, die theoretisch teuerste Wohnung Wiens im Angebot zu haben: 2000 Quadratmeter, die gesamte Loftetage, um 40 Millionen Euro.

Dass sich dafür ein Abnehmer finden wird, bezweifeln aber viele. "Und damit sollte man auch nicht Werbung machen", sagt ein Marktkenner, der nicht genannt werden will. Denn selbst die Superreichen würden lieber damit prahlen, ein Schnäppchen erworben zu haben, anstatt die mit Abstand teuerste Wohnung des Landes.

Kleinere Wohnungen

"Geld spielt nur in einigen wenigen Fällen tatsächlich keine Rolle", sagt auch Immobilienmaklerin Skala über ihre Kunden. Sie rät Entwicklern im ersten Bezirk daher eher dazu, kleinere Wohnungen zu bauen.

Ein solches Projekt baut Entwickler JP Immobilien gerade in der Renngasse 10: 75 Wohneinheiten mit kompakten Grundrissen und zwei Geschoßen Tiefgarage. Vor wenigen Wochen lud man auch Journalisten zu einer Art Gleichenfeier für die Wohnungskäufer. 70 Prozent hat man schon verkauft, "zu 95 Prozent an Österreicher", und soweit man es feststellen könne, sind kaum Anleger dabei, berichtet Geschäftsführer Martin Müller.

Ja, der Markt werde auch im ersten Bezirk schwieriger, "wir sind aber die Einzigen, die effiziente Wohnungen mit Tiefgarage anbieten können". Mit den kleineren Wohnungsgrößen ab 50 m² (es gibt auch ein paar größere bis 240 m²) sei man "völlig richtig gelegen".

Verspekuliert in Döbling

Was passiert, wenn das Angebot zu groß ist, zeigt sich derzeit aber recht deutlich im 18. und 19. Bezirk. Dort wurden vor drei, vier Jahren zahlreiche Projekte im hochpreisigen Segment gestartet, erläutert Makler Spiegelfeld. Viele von ihnen würden jetzt fertig; "die Zeit, dort alles verkaufen zu können, ist aber nun vorbei". Mancher Bauträger werde Probleme bekommen. Die Preise müssen jedenfalls runter, "soweit das halt geht".

EHL-Makler Breitwieser erzählt von einem Projekt im 19. Bezirk, das seit einem Jahr fertig sei, wo aber erst drei Wohnungen verkauft werden konnten. Die hohen Grundkostenanteile von bis zu 4000 Euro je Quadratmeter Wohnnutzfläche, dazu die reinen Baukosten von bis zu 3000 Euro je Quadratmeter machen Preise jenseits der 8000 Euro nötig, um nicht rote Zahlen zu schreiben.

Käufer profitieren

Etwas besser laufe es im dritten Bezirk, sagt Breitwieser. Hier ist EHL eines von drei Maklerhäusern, die mit der Vermarktung des Luxusprojekts "The Ambassy" in der Beatrixgasse betraut sind. Man verkaufe dort zwar laufend Wohnungen, auch sehr teure im Dachgeschoß; durch die schiere Größe dieses Projekts – 200 Wohneinheiten – werde es aber naturgemäß länger dauern, bis alles verkauft ist.

Aktuell ist bei dem bereits fertiggestellten Projekt erst ein Viertel der Wohnungen verkauft. Dass JP Immobilien in unmittelbarer Nähe, am Modenapark, ein Projekt mit niedrigeren Quadratmeterpreisen hatte, habe dabei nicht unbedingt geholfen, räumt Breitwieser ein.

Wer von dem riesigen Angebot profitieren wird, ist für die Makler klar: die Käufer. Diese würden sich derzeit ganz genau informieren und sich alle vergleichbaren Objekte am Markt anschauen. Und fallweise auch ihre gute Verhandlungsposition auf diesem ausgeprägten Käufermarkt ausnutzen. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 11.11.2018)