Der Technologiekonzern Infineon baut im Kärntner Werk in Villach eine neue Produktionsstätte und ein Forschungszentrum.

Foto: Infineon

Es war ein wirtschaftspolitischer Paradigmenwechsel. Mitte der 1990er wurde im "Hochofenland" Steiermark ein Autocluster aus der Taufe gehoben. Mit teilweise kritischer Begleitmusik. Denn es war noch nicht lange her, dass die Krise der Verstaatlichten Industrie das Bundesland in eine schwere Depression gestürzt hatte.

Die steirische Politik wusste seither um das Gefahrenpotenzial, wenn sich ein Bundesland nur auf einen Wirtschaftssektor stützt. Ähnliche Befürchtungen kamen eben später auch beim Autocluster auf. Heute, mehr als 20 Jahre später, hat sich dieser in AC Styria umbenannte Cluster jedenfalls als treibender Motor der steirischen Wirtschaft etabliert.

Transformation der Wirtschaft

Am anderen Ende des Packsattels Richtung Süden steht jetzt das Nachbarland Kärnten vor einer ähnlichen Transformation seiner Wirtschaft. Kärnten, das Urlaubsland mit den attraktiven Seen, das durch die Milliardenpleite der dortigen Hypo schon am Abgrund stand, erhält nun beste Voraussetzungen für eine Neuorientierung des Wirtschaftsstandortes als Hightech-Region.

Und wie in der Steiermark, wo mit dem damaligen Magna-Werk die Wende gelang, übernimmt hier in Kärnten ein internationaler Konzern die Führungsrolle in der Umstrukturierung der Region: Infineon wird sein bestehendes Chipwerk in Villach um 1,6 Mrd. Euro ausbauen und eine vollautomatisierte Chipfabrik für die Fertigung auf 300-Millimeter-Dünnwafern hochziehen. Durch die neue Fabrikation sollen vorerst rund 400 neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze entstehen.

Spatenstich

Am Samstag versammeln sich am Standort unter anderen die EU-Kommissarin für digitale Wirtschaft, Mariya Gabriel, Bundeskanzler Sebastian Kurz, Infineon-Chef Reinhard Ploss und Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zum Spatenstich.

Der Baubeginn ist für die erste Jahreshälfte 2019 geplant, die Fertigung soll Anfang 2021 starten. "An unserem größten Frontend-Standort in Dresden fahren wir aktuell zügig die vollautomatisierte 300-Millimeter-Fertigung hoch. In Villach etablieren wir für diese Technologie jetzt einen zweiten vollautomatisierten Standort für Serienfertigung, um mittelfristig den Bedarf flexibel zu bedienen", sagt Infineon-Chef Ploss.

"Für Kärnten ist diese Investition von Infineon definitiv ein Jackpot, eine für das Bundesland exorbitante Investition, die große Chancen in Richtung Hightech-Region eröffnet", sagt der Regionalökonom der Universität Graz Michael Steiner im STANDARD-Gespräch. Es sei zu bedenken, dass das neue Infineon-Werk dem vierfachen Volumen der neuen Stahlwerksinvestition der Voestalpine in Kapfenberg entspreche.

Die Entscheidung für Infineon, hier im westlichen Winkel von Kärnten derart massiv zu investieren, liegt, wie auch Konzernchef Ploss unterstreicht, am gut qualifizierten Umfeld und der wissenschaftlichen Vernetzung mit den Grazer Universitäten, speziell der TU Graz. Auch sei Infineon federführend im Tech-Cluster Silicon Alps engagiert, ergänzt Steiner.

Roter Teppich

In der Landespolitik hat man dem Konzern jedenfalls den roten Teppich ausgelegt. Eine eigene Lenkungsgruppe ebnete die Wege in der Bürokratie, der zweisprachige Kindergarten vor Ort wird ausgebaut, ebenso die internationale Schule in Velden, auch das Bildungsangebot etwa an der Fachhochschule Kärnten soll im Bereich der Elektrotechnik erweitert werden. Landeshauptmann Peter Kaiser frohlockt, das Infineon-Engagement sei ein "Turbo-Boost" für den Arbeitsmarkt des Landes. Es würden nicht nur hochqualifizierte Arbeitsplätze entstehen, "sondern hunderte weitere Jobs – angefangen beim Bäcker über Pädagogen bis hin zum Straßenbaumitarbeiter".

Die Infineon AG mit weltweit etwa 37.500 Beschäftigten erzielte im Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von rund 7,1 Milliarden Euro. (Walter Müller, 10.11.2018)