Der 53-jährige Wiener Roland Borsky hat über mehr als zwei Jahrzehnte lang, alles zu Apple gesammelt.

Foto: Standard/Yossef
Foto: Standard/Yossef
Standard/Yossef
Standard/Yossef
Standard/Yossef
DER STANDARD

Es gibt wohl nur sehr wenige Unternehmen auf der Welt, die eine derart treue Anhängerschaft wie Apple haben. Der IT-Konzern aus Cupertino hat es größtenteils seinen Fans zu verdanken, dass das Unternehmen im Juni 2018 den historischen Börsenwert von einer Billion Dollar sprengte. Seit ein paar Jahren zeichnet sich allerdings ein Bruch zwischen der loyalen Gefolgschaft und Apple selbst ab. Die Produkte seien zu teuer, wären nicht mehr wirklich innovativ und unter Steve Jobs hätte sowieso alles anders ausgesehen – so der Tenor der enttäuschten Fans. Einer, der auch nicht mehr so ganz weiß, wie es mit der Beziehung mit seiner geliebten Firma weitergehen soll, ist der 53-jährige Wiener Roland Borsky. Der Mann hat nämlich die größte Apple-Sammlung der Welt, die kurz vor ihrem Ende steht.

Leidenschaft in den 80ern geweckt

Als Borsky in den 1980ern erstmals mit dem Unternehmen in Berührung kam, hätte er sich wohl nicht erträumt, dass es ihn irgendwann fast in den Privatkonkurs treiben würde. Damals arbeitete der Wiener als PC-Techniker und sein erstes Treffen mit einem Mac dauerte bis 5 Uhr früh an – derart begeistert war er von dem Computer. Also sparte er ein paar Monate lang Geld an, um sich seinen ersten eigenen Apple-Rechner zu kaufen. Nicht nur privat begleitete die US-Firma den Mann seither, sondern auch beruflich. So arbeitete er eine Zeit lang als Apple-Techniker bei mehreren Firmen und machte sich 1996 selbstständig, um Macs & Co. zu reparieren.

Die heutige Sammlung des Mannes umfasst jahrzehntealte originalverpackte Mac-Software, Apple-Poster aus den vergangenen drei Jahrzehnten und natürlich sämtliche Hardware mitsamt der Dokumentation, die der Konzern jemals herausgebracht hat. Ein teures Hobby. Denn Borskys Sammlung braucht natürlich Platz. Gelagert ist diese in Niederösterreich und im MacXimum, dem Reparaturgeschäft des 53-Jährigen im 6. Bezirk in Wien. Lange kann der Mann aber nicht mehr zwischen all seinen Macs stehen, denn bis Ende Dezember muss alles weg. 20.000 Euro Schulden haben die Lagerkosten der Apple-Hardware angehäuft. Borsky muss handeln, sonst wird seine Leidenschaft Stück für Stück verscherbelt.

Apple hat keine Lust auf ein Museum

Bei Apple will man von dem loyalen Kenner nichts wissen. Mehrmals hat der Mann dem Unternehmen angeboten, ein Museum aufzubauen. In der Sammlung des Wieners befindet sich teils einzigartige Zeitgeschichte der US-Firma, trotzdem stößt Borsky bei dem Konzern auf taube Ohren. "Heutige IT-Unternehmen wollen mit ihrer Vergangenheit nicht mehr konfrontiert werden. Für sie ist nur das Jetzt und die Zukunft wichtig", mutmaßt der 53-Jährige. Wirkliche Gründe für die mangelnde Kooperation ließ man dem Mann nie zuteil.

Dabei kennt wohl kein anderer Apple so gut wie Borsky. Er beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Innenleben der Hardware und hat tausenden Geräten ein neues Leben geschenkt. Eine gewisse Skepsis gegenüber den jüngsten Apple-Produkten hat allerdings selbst er aufgebaut. Mit der neuen Hardware würde man seit Jahren "komplett an der Zielgruppe" vorbeiarbeiten und sich nur mehr auf das iPhone konzentrieren. Über das Mobiltelefon spricht der Apple-Fan nur wenig. Seine Liebe gilt dem Mac und alles rund um den Apple-Rechner.

Dem Mann rennt die Zeit davon

Dass er sich mit dem Wandel seines geliebten Unternehmens allerdings nicht ganz zurechtfindet, zeigt auch Borksys primäres Arbeitsgerät. Es ist ein jahrealtes Powerbook mit Mac OS 9. Borsky sagt, dass er damit "alles schneller erledigen" kann. Unter der Haube hat der Mann immer wieder nachgebessert. Eine schnelle SSD statt einer Festplatte hat er allerdings nicht nachgerüstet. So eilig hätte er es ja in der Arbeit nicht, sagt der 53-Jährige. Dem Wiener rennt allerdings die Zeit davon. Er muss sich wohl oder übel von seiner riesigen und geliebten Sammlung trennen.

20.000 Euro würde ihm bereits für alles angeboten. Der tatsächliche Wert dürfte aber weit höher liegen. Seit einer Weile bekommt Borsky deshalb Angebote aus der ganzen Welt für seinen Schatz an Apple-Geschichte. Man merkt dem Mann allerdings an, dass ihm Geld egal ist. Er will einfach nur, dass seine Sammlung irgendwie weiterleben kann. Doch bisher hat sich nach etlichen Gesprächen niemand für die Idee eines Apple-Museums mit den Werken des Wieners begeistern lassen. Dabei könnte man so viel über das wertvollste Unternehmen der Welt und die Geschichte des Computers lernen.

Die Hoffnung lebt weiter

Wie es nun in den entscheidenden Wochen weitergeht, weiß der Mann aber nicht. Seit Anfang November bietet der Wiener keine Reparaturen mehr an. Der neue Apple Store im ersten Bezirk hätte ihm das Geschäft versaut. Jenes Unternehmen, mit dem sich der 53-Jährige seit Jahrzehnten beschäftigt, hat also dafür gesorgt, dass er seine Leidenschaft nicht mehr weiterleben kann. Der Wiener hat langsam angefangen, sich von seiner Sammlung zu trennen. Er verkauft Geräte der vergangenen Jahre zu einem günstigen Preis – besonders interessierte Kunden sieht Borsky am liebsten. Da ist dann auch trotz der Schulden der Verkaufspreis sekundär.

Die Hoffnung auf ein Weiterleben der Sammlung lebt in dem Mann. Auch wenn Ende Dezember alles vorbei sein wird. Die Stammkunden wissen von dem plötzlichen Ende noch nichts. Ein älterer Mann fragt etwa bei Borsky nach, ob er ihm denn noch etwas schuldig sei. Der Apple-Kenner lächelt nur und verneint. Ob er denn die Uhr an der Wand haben könne, fragt der alte Mann weiter. "Aktuell noch nicht, aber Ende des Jahres eventuell", antwortet der 53-Jährige. Bis dahin sei laut Borsky aber noch sehr viel Zeit. (Daniel Koller, 18.11.2018)