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Demonstranten in Paris deuteten eine Annäherung zwischen US-Präsident Donald Trump und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron an. Sie demonstrierten gegen beide.

Foto: AP / Vadim Ghirda

An alles hatten die französischen Organisatoren der 100-Jahr-Feier des Ersten Weltkrieges gedacht, außer an die Schirme. Viele der rund 70 Staats- und Regierungschefs, darunter Alexander Van der Bellen aus Wien, mussten sich im strömenden Regen über die Champs-Élysées zum Triumphbogen bewegen. Der Fußmarsch in geschlossener Formation wäre ein schönes Friedenssymbol gewesen – wenn nicht Donald Trump aus der Reihe getanzt wäre.

Der US-Präsident fuhr getrennt von den anderen im Hochsicherheits-Cadillac vor. Dass barbusige Femen-Aktivistinnen den Polizeikordon durchbrechen und sich dem US-Konvoi nähern konnten, war kein gutes Zeugnis für das massive Sicherheitsdispositiv mit 10.000 Ordnungshütern. Spät gelandet, schaffte es auch der russische Präsident Wladimir Putin gerade noch rechtzeitig zur Zeremonie, die ganz auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron zugeschnitten war.

Macron: "Düsterer Weg"

Am Grab des unbekannten Soldaten erinnerte Macron an die zehn Millionen Toten, sechs Millionen Verwundeten und sechs Millionen Waisen des "Grande guerre" ("großer Krieg"), der von 1914 bis 1918 wütete. Zudem habe der Waffenstillstand des 11. November, so Macron, "leider nicht den Frieden gebracht", sondern in den Zweiten Weltkrieg gemündet. "Und es gibt alte Dämonen, die zurückkommen", warnte der Präsident. "Die Gefahr droht, dass die Geschichte wieder ihren düsteren Weg nehmen könnte."

Patriotismus sei das genaue Gegenteil von Nationalismus, meinte Macron – nicht nur an die Adresse der Weltkriegsnationen, sondern auch an die französische Rechtsextremistin Marine Le Pen. Sie hatte am Vortag auf den Schlachtfeldern von Verdun deklariert, der Erste Weltkrieg habe Frankreich den "größten militärischen Sieg seiner Geschichte" beschert. Macron warf sie vor, zum 11. November keine Truppenparade organisiert zu haben. Der französische Präsident hatte in der Tat darauf verzichtet, den 11. November wie üblich als Tag des "Sieges" (Victoire) zu bezeichnen.

Bewegende Gesten

Am Samstag hatte er mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Compiègne, dem Ort der Waffenstillstandsunterzeichnung 1918, lieber "den Wert der deutsch-französischen Versöhnung" herausgestrichen. So lautet auch die Inschrift einer neuen Plakette. Auf der alten war zu lesen: "Hier unterlag am 11. November 1918 der verbrecherische Hochmut des Deutschen Reiches."

Mit Merkel besuchte erstmals eine deutsche Regierungschefin jene Waldlichtung nördlich von Paris, wo Adolf Hitler 1940 die damals unterlegene französische Armee in einem Racheakt gedemütigt hatte. Merkel sorgte am Samstag für den wohl einprägsamsten Moment der ganzen Zeremonien, als sie sich kurz an Macrons Wange schmiegte – eine spontane Geste der Freundschaft, die hundert Jahre später über den Nationalismus von anno 1918 triumphierte.

Leiden musste in Paris hingegen eine andere Freundschaft. Nachdem sich Macron für die Bildung einer europäischen Armee ausgesprochen hatte, twitterte Trump vor seiner Ankunft in Paris, das sei eine "sehr beleidigende Idee". Er bezog sich auf den Hinweis des Franzosen, dass sich Europa gegen äußere Drohungen "aus China, Russland und sogar den USA schützen müsse. Macron hatte Washington aber nur im Zusammenhang mit politisch motivierten Hackerangriffen genannt, was Trump wohl entgangen war.

Nato-Budget als Streitpunkt

Wütend twitterte der amerikanische Präsident, die Europäer täten besser daran, einen höheren Anteil an das Nato-Budget zu zahlen. Bei einem Gespräch mit Macron erklärte er, er sei "froh, dass Frankreich unsere Ansichten über die Nato-Finanzierung teilt".

Der geeignete Ort zur Lösung dieses "Missverständnisses", so das Élysée im Nachhinein, wäre das von Macron in der Pariser Villette-Halle organisierte "Friedensforum" gewesen. Daran nahmen am Nachmittag neben Merkel, Macron und Uno-Sekretär António Guterres auch Putin und der türkische Präsident Tayyip Erdogan teil. Der US-Präsident war da aber bereits abgereist. Vielleicht war Trump auch verärgert, dass er in Washington Spott einstecken musste, weil er den Besuch eines US-Soldatenfriedhofs in Frankreich "wetterbedingt" abgesagt hatte. Rund 1000 Menschen haben am Rande des "Weltkriegs-Gipfels" in Paris gegen US-Präsident Donald Trump protestiert. (Stefan Brändle aus Paris, 11.11.2018)