Wien – Nicht einmal fünf Wochen dauerte es im heurigen Frühjahr, bis die Leben von Jed A. und seiner Mutter zerstört waren. Am 5. März wurde bei dem 25-Jährigen erstmals paranoide Schizophrenie diagnostiziert, am 10. April tötete er seine Mutter an deren Geburtstag in der gemeinsamen Wohnung in Wien-Favoriten. Ein Geschworenengericht unter Vorsitz von Andreas Böhm muss nun über seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verhandeln.

Im September 2017 hatte der junge Mann sein Architekturstudium abgeschlossen, es folgte ein Aufenthalt in der Heimat seiner Mutter, wo er fünf Halbbrüder hat. "Meine Mutter hätte es gerne gehabt, wenn ich die unterstütze", sagt der in Wien geborene Betroffene mit leiser Stimme. Inwieweit es regelmäßig Streit um die Finanzen gab, bleibt offen.

Bis zum März hatte A. aber ein unauffälliges Leben – keine Symptome einer psychischen Erkrankung, keine Drogen, kein Alkohol, keine Vorstrafen. Am 5. März brach die Krankheit durch: Er tobte in der Nähe des Hauptbahnhofes, pöbelte Passanten an, die Polizei brachte ihn in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses.

Keine Krankheitseinsicht

Einen Tag später verließ er das Spital wieder: mit Medikamenten, die er nicht nahm. "Sie sind ja ein intelligenter Mensch", hält ihm der Vorsitzende vor. "Haben Sie sich bei der Diagnose im Krankenhaus nicht gedacht, dass das was Ernstes ist?" – "Ich konnte es selbst nicht glauben", sagt der Betroffene, und: "Ich wollte es nicht wahrhaben."

Einen Monat verbrachte er beim Vater, der nach der Scheidung der Eltern vor 21 Jahren ausgezogen war. Ex post betrachtet weiß A., dass seine Erkrankung schlimmer wurde: Er hörte Stimmen, hatte olfaktorische Halluzinationen. Damals ignorierte er die Symptome, zog wieder zur Mutter.

Am 9. April hatte A. seinen ersten Arbeitstag bei einer außerhalb von Wien gelegenen Firma. Danach klopfte er in dem Ort an einer fremden Wohnungstür. "Ich war euphorisch und habe mir eingebildet, dass dort schon eine Wohnung für mich und meine Frau hergerichtet war", erinnert sich der Betroffene, der damals in keiner Beziehung war.

Mutter machte sich Sorgen

Er fuhr wieder nach Wien, am nächsten Tag war er unruhig. Seiner Mutter fiel auf, das etwas mit ihm nicht stimmte, schildert Staatsanwältin Kerstin Wagner-Haase aus A.s Aussagen bei der Polizei. Er wollte damals in Ruhe gelassen werden, seine Mutter fragte immer wieder, was mit ihm los sei. Schließlich verlor der Betroffene die Nerven, würgte, schlug und trat seine Mutter, bis sie tot war. "Das war nicht mehr ich", sagte er dazu bei der Polizei.

Die psychiatrische Sachverständige Gabriele Wörgötter bestätigt in ihrem Gutachten, dass A. damals zurechnungsunfähig war und derzeit noch gefährlich ist. Auf die medikamentöse Behandlung spricht er aber gut an, auch eine Krankheitseinsicht scheint mittlerweile gegeben. "Ich hoffe, dass er wieder einmal ein normales Leben führen kann", sagt sein Verteidiger Wolfgang Ebner und akzeptiert die rechtskräftige Einweisung. (Michael Möseneder, 12.11.2018)