Diskret am Gürteil: eine Insulinpumpe, die mit dem Körper verbunden ist. ein Sensor misst die Werte, ein System errechnet, wie viel Insulin notwendig ist.

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Rund 440 Millionen sind es weltweit, etwa 60 Millionen in Europa, und etwa 800.000 Österreicher leben mit der Diagnose Diabetes. Etwa 90 bis 95 Prozent davon sind Typ-2-Diabetiker, früher als Altersdiabetiker bezeichnet. Doch es gibt auch gute Nachrichten an der Diabetesfront: Heute sterben trotz um die Hälfte mehr Kranker nur noch halb so viele Patienten wie noch vor 20 Jahren.

Auch Amputationen, Erblindungen und Nierenversagen sind trotz steigender Patientenzahlen rückläufig. "Dieser positive Trend ist bereits seit zwei Jahrzehnten zu beobachten", sagt Österreichs Doyen der Diabetologie, Guntram Schernthaner, "obwohl in dieser Betrachtung die neuen Medikamente noch gar nicht berücksichtigt sind. Jetzt haben wir neue Substanzen, die diese Ergebnisse noch weiter dramatisch verbessern werden."

Neue Substanzen

Bei diesen neuen Substanzen handelt es sich einerseits um das Protein Glucagon-like Peptid 1 (GLP1) und andererseits um Gliflozin (SGLT-2-Hemmer), die entweder in Monotherapien oder auch kombiniert mit anderen Präparaten wie etwa Metformin vermehrt zum Einsatz kommen. Der gravierende Unterschied: GLP-1-Präparate können geschluckt werden, während die SGLT-2-Hemmer unter die Haut injiziert werden.

"Wir wissen heute, dass nicht nur jeder gesunde, sondern auch jeder kranke Mensch individuell zu behandeln ist", sagt die Präsidentin der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft (ÖDG), Alexandra Kautzky-Willer, die mit ihren Studien über den Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Diabetikern 2016 zur Wissenschafterin des Jahres ernannt wurde. Jetzt wird an der Individualisierungsschraube weitergedreht.

Gewicht als Thema

Viele Patienten sollten abnehmen und brauchen dabei Unterstützung. Andere haben erhöhten Blutdruck, der die Nieren zusätzlich zum Zucker belastet. "Lange hat man geglaubt, die Typ-2-Diabetiker sind quasi selbst schuld", sagt die Diabetologin Claudia Francesconi, "dabei bekommen nicht alle Übergewichtigen auch Diabetes. Das ist schon auch genetisch bedingt. Die neuen Medikamente zeigen teilweise erstaunliche und erfreuliche Folgen. SGLT-2-Hemmer schwemmen etwa den Zucker über die Nieren aus, und damit werden klarerweise auch Kalorien, die Ursache für Übergewicht, entsorgt."

Neben den Medikamenten ist die akkurate Stoffwechselkontrolle ein großes Thema für Industrie, Forschung und für die Patienten selbst. Die Blutzuckerkontrolle mittels Blutstropfen ist zwar noch immer sehr weit verbreitet, aber bei den betroffenen Diabetikern und Diabetikerinnen wegen der doch recht umständlichen Handhabung nicht sonderlich beliebt.

Kontinuierlich Kontrolle

Seit einigen Jahren gibt es nun bereits andere Systeme, die nicht mehr den Zucker im Blut, sondern jenen in der Gewebsflüssigkeit messen. Zwei unterschiedliche Systeme – FGM (Flash Glucose Monitoring von Abbott) und CGM (Continuous Glucose Monitoring von einer Reihe unterschiedlicher Anbieter) – sind bisher schon im Einsatz.

Beim FGM-System muss ein Sensor aktiv betätigt werden. Das System zeigt auf seinem Monitor zwar Trends an und gibt an, in welche Richtung sich die Werte entwickeln, doch es alarmiert nicht selbstständig bei hohen oder niedrigen Werten (Hypoglykämien). Die CGM-Systeme hingegen messen im Minutentakt und schlagen Alarm, sobald individuell eingestellte Grenzwerte nach oben oder unten gemessen werden. Der Nachteil: Die aktuellen Geräte müssen noch zweimal täglich "blutig" kalibriert werden. Beides soll sich in Kürze ändern. Die Scanner werden vielleicht schon 2019 Alarm schlagen, und die CGM-Geräte werden demnächst ohne Kalibrierung auskommen.

Innovation Closed Loop

Mit der Dexcom-G670-Pumpe ist in den USA bereits auch das erste Closed-Loop-System zugelassen, Experten nehmen an, dass es bald auch nach Europa kommt. Dabei handelt es sich um eine Insulinpumpe, die mit einem Glucose-Sensor und einer App fürs Smartphone interagiert. Das heißt: Es werden nicht nur die gemessenen Werte vom Sensor übertragen, sondern die Pumpe stellt sich bei niedrigen Blutzuckerwerten auch selbstständig ab. Das prandiale Insulin bei Mahlzeiten muss der Anwender freilich noch immer selbst über die Pumpe abgeben.

Eine interessante Erkenntnis rund um den Einsatz des mehr als 50 Jahre alten Diabetesmedikaments Metformin gibt es aktuell auch noch. Dieses Präparat aus der Gruppe der Biguaniden zeigt nicht nur positive Wirkungen bei Übergewicht und verringert kardiovaskuläre Ereignisse, es hilft auch bei Malaria. (Peter Hopfinger, 13.11.2018)