Große Flüsse, große Schildkröten: Im Amazonasgebiet ist für die imposanten Arrauschildkröte reichlich Platz, solange der Mensch nicht dazwischenfunkt.
Foto: Whaldener Endo

Manaus – Was Süßwasserschildkröten betrifft, ist die Arrauschildkröte (Podocnemis expansa) ein ziemlicher Brocken. Sie lebt im Amazonasgebiet und kann eine Länge von einem Meter und ein Gewicht von bis zu 90 Kilogramm erreichen – auch wenn bei weitem nicht alle Exemplare solche Ausmaße erreichen.

Dank ihres großen Verbreitungsgebiets, das sich über mehrere Staaten erstreckt, gilt die Schildkröte nicht als unmittelbar gefährdet. Allerdings sind ihre Bestände in den vergangenen Jahrzehnten derart geschrumpft, dass für Naturschützer Anlass zur Sorge bestand.

Erfreulicher Aufwärtstrend

Doch dem Niedergang lässt sich erfolgreich gegensteuern, berichten nun Forscher der britischen University of East Anglia – man muss nur die richtige Taktik wählen. Und die ist es ganz eindeutig, die lokalen Bevölkerungen in den Tierschutz miteinzubeziehen, bilanziert das Team um Carlos Peres im Fachjournal "Nature Sustainability".

UEA

An den Ufern des Jurua-Flusses, einem südlichen Zufluss des Amazonas, tummeln sich laut Peres heute wieder deutlich mehr Arrauschildkröten. In der Region brüten demnach heute neunmal so viele Schildkröten wie Ende der 1970er-Jahre. Damit habe sich die Zahl der jährlich schlüpfenden Schildkröten um 70.000 Exemplare erhöht. Die regionale Population sei auf dem besten Weg, sich komplett zu erholen.

Die richtige Strategie

Entscheidend war es laut Peres, Dorfbewohner als Wildhüter in den Schutz der Tiere einzubeziehen. So seien an den geschützten Flussufern nur zwei Prozent der insgesamt mehr als 2.000 Brutplätze von Wilderern geplündert worden. An den nicht geschützten Stränden hingegen hätten sie fast alle Nester ausgeräumt. Auch andere Tiere in der Region profitieren demnach von den Schutzgebieten.

"Die Studie zeigt, wie effektiv es ist, die Menschen an Ort und Stelle in die Lage zu versetzen, die Gebiete zu schützen", sagt Peres. "Sich auf eine Handvoll Regierungsbeamte in den Städten zu verlassen, um fünf Millionen Quadratkilometer im Amazonasgebiet zu schützen, funktioniert meist nicht."

Wermutstropfen

Allerdings beklagen sich die örtlichen Wildhüter über mangelnde finanzielle Unterstützung. "Die Wächter der Ufer sind unzufrieden, dass sie für ihre gefährliche Arbeit nur wenig bekommen", sagte der Hauptautor der Studie, Joao Campos-Silva. "Das bedeutet, dass viele drauf und dran sind, ihre über Jahrzehnte erfolgreiche Arbeit aufzugeben."

Nach der Wahl des Rechtspopulisten Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten Brasiliens fürchten ohnehin viele Umweltschutzverbände schwere Rückschläge beim Naturschutz. Beobachter erwarten, dass der ultrarechte Ex-Militär nach seinem Amtsantritt zum Jahreswechsel den Naturschutz lockert und Unternehmen bei der Ausbeutung von Bodenschätzen im Amazonasgebiet weitgehend freie Hand lässt. (red, APA, 14. 11. 2018)