Alfred Noll erwartet die Einstellung des Verfahrens.

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Peter Pilz und Maria Stern orten bei ÖVP und FPÖ ein strafrechtlich relevantes Vergehen.

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Update Mai 2021: Das Verfahren gegen Rechtsanwalt Alfred Noll wurde mittlerweile eingestellt.

Der Bericht vom 13.11.2018 zur Nachlese:

Wien – Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien führt Ermittlungen gegen den Rechtsanwalt Alfred Noll, einen Nationalratsabgeordneten der Liste Pilz. Es geht um den Verdacht der Abgabenhinterziehung. Die Ermittlungen beruhen auf einer Anzeige von Juli dieses Jahres, bestätigte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, am Dienstag auf Anfrage des STANDARD.

Ansuchen auf Aufhebung der Immunität zur Strafverfolgung gebe es nicht, weil die Ermittlungen nicht im Zusammenhang mit Nolls politischer Tätigkeit stehen.

Der Abgeordnete bestätigt die Ermittlungen. Laut ihm hat sich ein Artikel des STANDARD in den Akt des Finanzamt-Betriebsprüfers "verirrt". Der Akt bestehe laut seinem Steuerberater nur aus diesem Artikel, erklärt Noll. Mehr wolle er dazu nicht sagen, das werde er tun, wenn die Sache eingestellt sei. In dem genannten Artikel vom 29. September 2017 ging es um Rückgabeverfahren, die Noll betreut, und um frühere Streitigkeiten mit der Israelitischen Kultusgemeinde rund um diese Themen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Verdacht des Fördermissbrauchs

Wegen der massiven Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze bei der Nationalratswahl 2017 hat die Liste Pilz nun eine Strafanzeige gegen die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ eingebracht. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien solle prüfen, ob "strafrechtlich relevantes Verhalten insbesondere im Hinblick auf Förderungsmissbrauch nach § 153b StGB oder Untreue nach § 153 StGB vorliegt", gaben Parteigründer Peter Pilz und Parteichefin Maria Stern am Dienstag bekannt.

Wie berichtet hat die ÖVP nach eigenen Angaben knapp 13 Millionen Euro für ihren Wahlkampf ausgegeben, die FPÖ 10,7 Millionen. Gesetzlich erlaubt sind nur sieben Millionen. Die SPÖ lag mit 7,4 Millionen Euro leicht über dieser Grenze, die anderen Parteien überschritten sie nicht.

Pilz warf den Regierungsparteien vor: "Entweder gibt es irgendwo nicht deklarierte Spenden eines großen Gönners, dann soll dieser bitte vor den Vorhang, oder es sind staatliche Förderungsgelder missbraucht worden." In letzterem Fall könnte "aus dem Verfahren gegen unbekannte Täter bald ein Verfahren gegen Elisabeth Köstinger oder Herbert Kickl werden". Die beiden waren 2017 die Wahlkampfmanager von ÖVP und FPÖ.

Gutachten von Rechtsanwalt Soyer

Die Anzeige der Liste Pilz basiert auf einem Gutachten des Rechtsanwalts Richard Soyer. Dieser geht von einem "Anfangsverdacht in Richtung Förderungsmissbrauch" aus, stärker seien allerdings die "Anhaltspunkte für die Annahme eines Anfangsverdachts in Richtung Untreue", wie er schreibt.

"In beiden Fällen richtet sich der Anfangsverdacht gegen unbekannte Täter im Kreis und Umfeld der außenvertretungsbefugten Personen der ÖVP und FPÖ." Gegen die SPÖ bestehe derzeit keine Verdachtslage, schließt das Gutachten, "da die aus strafrechtlicher Sicht maßgebliche Begrenzung nach den kolportierten Zahlen nicht überschritten wurde".

Strafbar sei nämlich nur ein "eindeutig außerhalb des Förderungszwecks gelegenes aktives Tun". Und: "Bei ÖVP und FPÖ kann nicht mehr von geringfügiger Überschreitung gesprochen werden." Pilz fordert nun höhere Strafen bei Verstößen gegen die Wahlkampfkostengrenze. (Aaron Brüstle, Renate Graber, 13.11.2018)