Heinz-Christian Strache (links) und Harald Vilimsky (rechts) wollen Matteo Salvini (Mitte) zum Gesicht der Rechten im EU-Wahlkampf machen.

Foto: Matthias Cremer

Harald Vilimsky wirkt richtig aufgekratzt, als er am Dienstag am Rande der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg über den Verlauf der Vorbereitungen seiner Fraktion auf die Europawahlen im Mai 2019 berichtet. Vor ihm liegt ein STANDARD-Artikel vom Vortag über eine ausführliche Prognose des Jacques-Delors-Instituts in Berlin. Sie sagt der Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) eine Verdoppelung der Mandate voraus – von derzeit 34 auf 70.

Dominiert wird diese Fraktion, der neben der FPÖ weitere radikal rechte Parteien aus acht Ländern – wie die italienische Lega von Vizepremier Matteo Salvini oder die Freiheitspartei des Niederländers Geert Wilders – angehören, von Franzosen. Es war Marine Le Pen, die 2015 als Chefin des damaligen Front National und EU-Abgeordnete der ENF Leben einhauchte.

Der Front stellte damals nicht weniger als 25 von 34 Abgeordneten. Aber Le Pen ist nach ihrem Präsidentschaftswahlkampf nicht mehr im EU-Parlament, so wie auch Salvini, der den Titel eines ENF-Vizefraktionschefs im Frühjahr gegen den Regierungsjob in Rom eingetauscht hat.

Daher findet sich der EU-Abgeordnete Vilimsky, auch er "Mitbegründer" und Vizepräsident der Gruppe, die von den anderen Parteien wegen ihrer EU-Feindlichkeit gemieden wird, in einer besonderen Rolle wieder. Er hat als Senior die Aufgabe übernommen, die Rechtsfraktion europaweit zu erweitern, sie zu koordinieren.

Das passt gut zu seinem Job als FPÖ-Generalsekretär und Wahlkampfleiter: "Mein Ziel ist nicht eine Verdoppelung auf 70 Mandate", sagt er, "wir wollen auf 120 bis 150 Mandate gehen." Derzeit kämen ENF-Abgeordnete aus acht EU-Ländern, in Zukunft sollten sie aus 15 Staaten kommen.

Eine große Rechtsfraktion

Dies wäre gut möglich, glaubt er, wenn es gelänge, alle derzeitigen drei Fraktionen rechts der Mitte zu einer einzigen großen zu verschmelzen. Zwei davon sind von Briten dominiert – die Konservativen (ECR) mit den Tories und die EU-Skeptikerfraktion (EFDD) um die Unabhängigkeitspartei von Nigel Farage, die mit dem Brexit im März 2019 aber ausscheiden.

Genau darin sieht Vilimsky die große Chance der Rechten: "Es ist unglaublich viel in Bewegung", schwärmt er; in allen diesen Gruppen seien "Repräsentanten, die sich sehr ähnlich sind". Eine Vereinigung aller EU-Kritiker und -Skeptiker "diskutieren wir", bestätigt der FPÖ-Politiker.

Sein Ziel: "Wir wollen zweitstärkste Fraktion werden, wir wollen die Wahl des EU-Kommissionspräsidenten mitbestimmen", sagt Vilimsky. Das wäre möglich, wenn eine vereinigte Rechtsfraktion die Sozialdemokraten (S&D) von Platz zwei verdränge. Die SP muss gemäß der genannten Studie einen Einbruch von 187 auf 137 Mandate befürchten.

Da auch die Christdemokraten (EVP) von ihren 219 Mandaten auf rund 180 Mandate reduziert werden dürften, hofft die ENF-Fraktion darauf, dass die beiden Volksparteien auch mit den Liberalen (Alde) unter den proeuropäischen Gruppen keine Mehrheit zur Wahl des nächsten Kommissionspräsidenten finden könnten.

Lockruf an Orbán und PiS

Vilimsky will dafür nicht nur die polnischen Nationalkonservativen der Regierungspartei PiS gewinnen, die gut 20 Mandate erringen könnten, sondern hofft auch, die ungarische Fidesz von Premier Viktor Orbán aus der EVP herausbrechen zu können. Fidesz hat derzeit 14 Mandate.

Wie das gelingen soll, wo doch die ENF von allen anderen Fraktionen im Europaparlament als Partner ausgeschlossen wird? "Das hat man vor einem Jahr von der FPÖ auch gesagt", antwortet Vilimsky. Heute "sind wir in der Regierung". Für die EU-Wahl will er den Umschwung durch eine Wahlplattform erreichen, mit Matteo Salvini an der Spitze: "Er soll nicht als Spitzenkandidat antreten, um Kommissionspräsident zu werden", erklärt er, "aber wir wollen ihn zum Gesicht der entstehenden Bewegung machen."

Schon bald wird der FPÖ-Generalsekretär nach Rom reisen, um all das zu besprechen. Mit im Gepäck: der Ministerratsvortrag von Außenministerin Karin Kneissl zum Ausstieg Österreichs aus dem UN-Migrationspakt. "Wir möchten die italienische Regierung dazu bringen, auch auszusteigen", sagt Vilimsky und verweist darauf, dass "die FPÖ auch die Bundesregierung dazu gebracht hat, uns nicht zu beteiligen". Sie habe das seit Sommer vorbereitet: "Am Ende gab es Konsens." (Thomas Mayer aus Straßburg, 13.11.2018)