· Gezielte Grenzüberschreitung
"Für Ali schaut's ziemlich düster aus, denn Ali kann nicht mehr die E-Card von Mustafa benutzen!", kündigte Johann Gudenus (FPÖ) freudig seinen Facebook-Followern an. Das Video, das für den Youtube-Channel FPÖ-TV produziert wurde, ist das letzte in einer langen Reihe von Inhalten, die über Social-Media-Kanäle der FPÖ verbreitet werden und rassistische und fremdenfeindliche Narrative gezielt bedienen.

Vor der Wien-Wahl 2010 verteilte die FPÖ etwa einen Comic, der folgende Zeichnung enthielt: Parteichef Heinz-Christian Strache mit blauem Ritterwams und einem Schwert in der Hand fordert einen blonden Buben mit Steinschleuder auf: "Wennst dem Mustafa ane aufbrennst, kriegst a Haße spendiert."

2012 verbreitete Strache auf seiner Facebook-Seite eine altbekannte Karikatur: ein dicker Mann vor einem Berg Essen, hofiert von einem unterwürfigen Mann – Symbol für Banken, die von Regierungen hofiert werden. In Straches Version hatte der Mann eine krumme Nase, seine Manschettenknöpfe werden von Davidsternen geziert.

· Empörung und Kritik
Politische Konkurrenten, die Zivilgesellschaft und Aktivisten machen auf die Grenzüberschreitung aufmerksam und verlangen Konsequenzen. In allen drei obengenannten Fällen gab es Anzeigen nach Paragraf 283/1 des Strafgesetzbuchs – Verhetzung. Zu Verurteilungen kam es bisher nicht.

· Leugnen
Auf berechtigte Kritik und Empörung kontert die FPÖ mit der Erklärung, dass "alles nicht so gemeint" war. Im Fall des E-Card-Videos verwies FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker auf "ein Kommunikationsproblem". Der "Mustafa-Comic" stehe auch nicht allgemein für Türken, sondern beziehe sich auf "Kara Mustafa, der Heerführer der Türken vor Wien war", sagte 2010 der damalige FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Und Strache wies bei der Zeichnung jeden Antisemitismusvorwurf zurück.

· Zurückrudern oder Gegenangriff
Das E-Card-Video wurde auf Youtube gelöscht, und Strache erklärte, es mache ihm "keine Freude". Aber die klischeehafte Figur des "Ali" ist älter und tauchte bereits 2016 in einem FPÖ-Video auf, das noch immer online ist. Die Zeichnung auf Facebook tauschte Strache bald gegen eine ohne Davidsterne aus und empörte sich: Der Antisemitismusvorwurf gegen ihn sei perfide. "Die linke Jagdgesellschaft hat wieder zugeschlagen", lautet bei Kritik die FPÖ-Botschaft an die eigenen Wähler.

Der jüngste "Ausrutscher" zeigt, dass die FPÖ auch als Regierungspartei extremistische Positionen vertritt. Unverhohlen wird an niedere Instinkte appelliert, werden Hass, Neid und Schadenfreude geschürt. Vermeintlich "Andere" werden ausgegrenzt und zum Sündenbock gestempelt. "Nicht akzeptabel" ist nicht nur das Video, wie ÖVP-Chef Sebastian Kurz sagt, sondern auch sein Koalitionspartner. (Olivera Stajić, 14.11.2018)