Der Rand des Eises folgt der Form des Kraters und bildet einen Halbkreis.
Foto: The Natural History Museum of Denmark

Kopenhagen/Nuuk – Von einem "Einschlag, der die Nordhalbkugel erschütterte" berichtet die University of Kansas – und er dürfte in geologisch betrachtet jüngerer Vergangenheit stattgefunden haben. Er hatte zwar nicht annähernd die Dimensionen des Ereignisses, das vor 66 Millionen Jahren die großen Dinosaurier auslöschte (sonst säßen wir heute nicht hier), muss aber dennoch beträchtlich gewesen sein.

Die Spuren dieses Einschlags wurden nun unter dem Eisschild von Grönland in Form eines 31 Kilometer durchmessenden Kraters entdeckt. Die Umrisse des Kraters unter dem Hiawatha-Gletscher im Norden der Insel waren erstmals 2015 entdeckt worden. Doch die Wissenschafter waren sich zunächst nicht sicher, ob es sich wirklich um die Spuren eines Einschlags handelt. Erst als ein Team des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven das Gebiet vom Flugzeug aus mit einem leistungsstarken Eisradar kartierte, bestätigte sich die Vermutung.

Die Forscher aus Bremerhaven und Lawrence, Kansas waren Teil eines internationalen Geologenteams unter Federführung von Kurt Kjær vom Naturhistorischen Museum der Universität Kopenhagen. Sie stellten ihre Ergebnisse nun im Fachjournal "Science Advances" vor und bilanzieren, dass der Hiawatha-Krater zu den 25 größten bekannten Einschlagskratern der Erde zählt. Und es ist das erste Mal, dass ein solcher Krater unter einem Eisschild entdeckt wurde.

Radarmessungen enthüllten die Form des Kraters unter der nivellierenden Eisdecke.
Illustration: NASA

"Das neue Radarsystem der AWI-Forschungsflugzeuge war genau die Art von Instrument, die wir für die Messungen brauchten", sagt Olaf Eisen, Glaziologe am AWI. Die Struktur sei genau zu erkennen gewesen. "Ein deutlich kreisrunder Rand, eine zentrale Erhebung, darüber sowohl gestörte als auch ungestörte Eisschichten und basale Trümmer. Alles, was einen Meteoriteneinschlag auszeichnet."

In den Sommern 2016 und 2017 kehrte das Forscherteam an den Fundort zurück, um Sedimentproben aus einem Fluss, der vom Gletscher gespeist wird, zu sammeln und die tektonischen Strukturen im Gestein am Fuß des Gletschers zu kartieren. "Ein Teil des aus dem Krater gespülten Quarzsandes hatte eben jene Deformationsmerkmale, die auf einen gewaltsamen Aufprall hindeuten", erklärte Nicolaj Larsen von der Universität Aarhus. Das sei ein schlüssiger Beweis dafür, dass die Vertiefung unter dem Gletscher ein Meteoritenkrater ist.

Außerdem konnten die Forscher erhöhte Konzentrationen von Nickel, Kobalt, Chrom und Gold feststellen, was darauf hinweist, welche Art von Meteorit es war: An der Stelle müsse einst ein kilometerbreiter Eisenmeteorit eingeschlagen haben, so die Forscher.

Die Region wurde genau kartiert.
Illustration: University of Kansas

Eine Datierung des unter einem Kilometer Eis liegenden Kraters sei bisher nicht möglich gewesen – er sei aber außergewöhnlich gut erhalten, zumal unter den extremen Erosionsbedingungen, die ein Gletscher mit sich bringt. Aus geologischer Sicht dürfte er also recht jung sein. Der Krater könne maximal drei Millionen Jahre alt sein – möglicherweise sei er sogar erst vor 12.000 Jahren gegen Ende der letzten Kaltzeit entstanden, so Kjær.

Die Bestimmung des Zeitpunkts sei wesentlich für das Verständnis, wie sich ein solcher Einschlag auf das Leben auf der Erde auswirkt. Große Meteoriteneinschläge können das Klima nachhaltig beeinflussen – wie der "große Bruder" des Hiawatha-Meteoriten vor 66 Millionen Jahren zeigte. Das beim Einschlag ausgestoßene Material führte damals zu einer jahrelangen drastischen Abkühlung, nach der die irdische Biosphäre ein völlig anderes Gesicht hatte als zuvor. (red, APA, 14. 11. 2018)