Alles kommt unter den Hammer: die Sessel aus dem Kassensaal im alten Bank-Austria-Gebäude ebenso wie Schreibtische, Sekretäre und Kästen.

Foto: Dorotheum

Das historische Schicksal des Bankpalastes am Wiener Schottenring, Ecke Schottengasse war bereits 2012 besiegelt, als sich die Bank Austria zum Verkauf dieser Immobilie entschloss, die auch heimische Wirtschaftsgeschichte repräsentiert. Der italienischen Konzernmutter Unicredit bescherte sie immerhin kolportierte 125 Millionen Euro. Ab 1934 war hier die Zentrale der Credit-Anstalt untergebracht, seit 2002 jene der Bank Austria.

Errichtet wurde das Gebäude 1910 bis 1912 für den Wiener Bankverein im Auftrag von Baron Albert Salomon Rothschild von den Architekten Ernst von Gotthilf und Alexander Neumann. Allein die verbaute Fläche umfasste knapp 7.500 Quadratmeter. In der Fachwelt gilt der Bau als Hauptwerk der beiden auf monumentale Bankgebäude spezialisierten Architekten.

Unter Denkmalschutz

Trotz seiner historischen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung stand es allerdings bis vor kurzem gar nicht unter Denkmalschutz. Erst im Umfeld des Eigentümerwechsels war das Bundesdenkmalamt (BDA) in die Gänge gekommen. Einem Gutachten vom Jänner 2013 folgend wurde der Bescheid nach fünf Jahren im Februar 2018 erteilt.

Die zugehörigen Auflagen für den neuen Eigentümer und den Projektentwickler halten sich in Grenzen. Denn konkret handelt es sich nur um eine Teilunterschutzstellung, die alle Straßen- und Hoffassaden sowie das Vestibül, das Hochparterre, den Mezzanin und das erste Obergeschoß im Inneren umfasst.

Schnäppchen ab 20 Euro

Im ehemaligen Kassensaal, mit Wänden aus Orowitzer Marmor sowie Säulen aus Untersberger Forellenmarmor, der zusammen mit Laasermarmor auch für den Fußboden verarbeitet wurde, wird, wie berichtet, eine Supermarktkette mitsamt Gastronomie einziehen. Die Stockwerke darüber sind als Büroräume für einen Konzern vorgesehen. Laut dem Unterschutzstellungsbescheid soll die baufeste historische Ausstattung, sprich die originalen Mahagonivertäfelungen, Ledertapeten und Marmorkaminverkleidungen, erhalten bleiben.

Ende Mai zogen die letzten Bankmitarbeiter aus und wurden die Bauarbeiten intensiviert. Derzeit wird das Gebäude umgebaut und gleichzeitig von sämtlichen "Fahrnissen" befreit. Damit verbunden ist auch eine Entrümpelung des Mobiliars. Manches verbleibt beim Eigentümer, der Rest wird, wie vergangene Woche bekannt wurde, nun vom Dorotheum versteigert: über eine Online-Auktion, die am 21. November um 13 Uhr endet.

Vom Dorotheum zeitlich in das "20. Jahrhundert" eingeordnet, gehörten diese "Armsessel in neoklassizistischem Stil" zur Originalausstattung von 1912: paarweise beträgt der Startpreis 100 Euro, im Quartett 200 Euro.
Foto: Dorotheum

"Ein Stück österreichische Bankgeschichte", das nun in mehr als 400 Positionen filetiert wurde, darunter Konvolute von Stühlen, Bücherschränke, Regale, Sitzgarnituren, auch Lampen und unzählige Garderobenständer. Die Rufpreise variieren: 25 Euro für die Thonet-Reproduktion eines sogenannten Fledermaus-Stuhls, 30 Euro für einen neuzeitlichen Schirmständer, je 50 Euro für Stehlampen, 100 Euro für Sesselpaare oder 1.800 Euro für einen großen Konferenztisch.

Provenienz birgt Wertsteigerung

Zeitlich umfassen diese Objekte sämtliche Ausstattungsperioden bis in jüngere Zeit. Neben Schnäppchenjägern könnte dieser Kehraus vor allem solche Sammler interessieren, die bewusst in historisches Mobiliar investieren wollen. Denn die prominente Provenienz wird schon mittelfristig eine Wertsteigerung zur Folge haben.

Dieser Schreibtisch (Startpreis 200 Euro) gehörte einst zur Originalausstattung (1910/12). Das kannelierte Dekor liefert im Abgleich mit einem zugehörigen Büroschrank (Startpreis 200 Euro) einen Hinweis, wer den Schreibtisch gefertigt haben könnte: vermutlich die damals in Wien tätige Möbelfabrik Julius & Josef Herrmann, deren Stempel sich auf dem Schlüssel für den Schrank erhalten hat.
Foto: Dorotheum

Laut dem BDA-Gutachten war das noch aus der Bauzeit erhaltene Mobiliar "von den Architekten für das Gebäude konzipiert und formal auf den Dekor des Interieurs abgestimmt worden". Genau genommen gelten sie deshalb als "integrierender Bestandteil des Denkmals". Unter Denkmalschutz wurden allerdings nur Teile des originalen Mobiliars aus dem Kassensaal gestellt, nicht aber das zum Zeitpunkt der Begutachtung noch im gesamten Gebäude verteilte.

Dazu gehören nicht nur strapazierfähige "Kleider-Schirmständer" der Firma Kohn (Rufpreis 200 Euro), sondern auch zahlreiche andere Objekte, die vom Dorotheum nur teils in die Jahre 1910/12 datiert wurden. Etwa der monströse Konferenztisch, der einst im großen Sitzungssaal stand: bestehend aus fünf Elementen, die wahlweise eine Mindestlänge von 6,15 oder eine Maximallänge von 10,8 Metern ergeben (Rufpreis 2.400 Euro). Ein Blick auf historische Aufnahmen aus dem Jahr 1913 hilft bei der Identifizierung der zugehörigen Stühle: beschrieben als "20. Jhd." und "Armsessel in modifiziertem Barockstil" (Rufpreis 200 Euro).

Einblick in eines der Direktorenzimmer des Wiener Bankvereins, veröffentlicht in der "Wiener Bauindustrie-Zeitung" 1913: Armlehnsessel, Uhr und ein ähnlicher Schreibtisch werden jetzt versteigert.
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Selbst die Heerscharen an "Armsesseln in neoklassizistischem Stil. 20. Jhd." mit x-förmigen Sprossen – Quartette gibt es zum Startpreis von 200 Euro – gehörten einst zur Originalausstattung, wie alte Fotografien belegen. Oder auch ein Schreibtisch (200 Euro), der zusammen mit den passenden Bücherschränken (je 200 Euro) der Firma Josef und Julius Herrmann ehedem eines der Direktorenzimmer schmückte. Dort stand von 1913 an ebenso eine Siemens-&-Halske-Tischuhr (300 Euro), eine Spezialanfertigung für den Bankverein.

Welche Möbelfirmen an der von Ernst von Gotthilf und Alexander Neumann konzipierten Ausstattung beteiligt waren, ist abgesehen von den hier genannten bislang nicht bekannt. Ob sich dazu Unterlagen im Besitz des Eigentümers erhalten haben, war nicht in Erfahrung zu bringen. (Olga Kronsteiner, 19.11.2018)

Bei dem Siemens-&-Halske-Modell (Startpreis 300 Euro) handelt es sich um eine historische Spezialanfertigung (circa 1912) für den Wiener Bankverein. Auf historischen Aufnahmen aus dem Jahr 1913 ist diese Tischuhr sowohl in Besprechungszimmern als auch in einem Direktorenbüro dokumentiert.
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