Jogi Löw sah eine "gute Basis" für die Zukunft.

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Gelsenkirchen – Jubilar Thomas Müller kam sich vor wie in "einem schlechten Film", für Jungstar Timo Werner war es "ein Spiegelbild des Jahres". Doch der Frust nach dem passenden Ende einer Seuchensaison der deutschen Nationalmannschaft hielt nicht lange an. Bundestrainer Joachim Löw verließ die Schalke-Arena nach dem leichtfertig verspielten Sieg gegen die Niederlande sogar mit einem Lächeln. "Ich gehe mit einem guten Gefühl in die Winterpause", sagte der Coach nach dem 2:2 (2:0) zum Nations-League-Abschluss gegen den Erzrivalen: "Wir sind im nächsten Jahr mit diesen Spielern gut aufgestellt. Das macht viel Mut."

Noch so ein historisch schlechtes Jahr voller Pleiten, Pech und Pannen würde Löw aber auch nicht verziehen werden. Vorrundendebakel bei der versuchten Verteidigung des Weltmeistertitels in Russland, Abstieg bei der Nations-League-Premiere, nur vier Siege in 13 Spielen gegenüber elf in 16 Spielen des Vorjahres und lediglich 14 erzielte Treffer (Vorjahr: 43) stehen für die miserabelste Bilanz in der Geschichte des Deutschen Fußballbundes.

Lust auf Entwicklung

Dennoch waren die Verantwortlichen um Aufbruchstimmung bemüht. Natürlich seien die zwei späten Gegentore durch Quincy Promes (85.) und Virgil van Dijk (91.) in Gelsenkirchen "ein Dämpfer" gewesen, sagte Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff, "aber ich habe Lust, dass die Entwicklung so weitergeht".

Bierhoff dachte dabei in erster Linie an das Trio Werner, Leroy Sane und Serge Gnabry, das die Abwehr der Niederländer immer wieder durcheinandergewirbelt hatte. Sie seien für den Gegner "kaum zu greifen" gewesen, sagte Toni Kroos: "Sie geben dir durch ihre Geschwindigkeit die Option, vermehrt in die Tiefe zu spielen." Das klappte nicht nur bei den Treffern von Werner (9.) und Sane (19.) gut.

Das musste auch Müller anerkennen, dem bei seinem Eintritt in den erlesenen Klub der Hunderter nur eine Nebenrolle blieb. Doch der 29-Jährige fügt sich in seine Rolle, er dient den Jungen als Orientierung. "Die Mannschaft hat Spielfreude und steht zusammen. Wir beherzigen all das, was vielleicht ein bisschen gefehlt hat", sagte der Bayer.

Das erfreut auch Löw. Auch wenn er die beiden Gegentore als den "Preis einer jungen Mannschaft" bezeichnete. Allerdings hatte er zu diesem Zeitpunkt sein Sturm-Trio bereits ausgewechselt und mit Müller und Marco Reus mehr Erfahrung gebracht. "Nur junge oder nur alte Spieler werden nicht zum Erfolg führen. Die Mischung macht es", sagte der Weltmeister von 2014, der im Vorjahr ungeschlagen geblieben war und ebenfalls für eine DFB-Premiere gesorgt hatte. Im kommenden Jahr will der 58-Jährige "eine Mannschaft auf den Platz schicken, die erfolgreich und gut Fußball spielt".

Von März bis November geht es um die EM-Qualifikation, die Auslosung der Gruppen erfolgt am 2. Dezember in Dublin. "Wir nehmen es so, wie es kommt. Wir sind immer noch Deutschland", sagte Reus. Das Selbstverständnis hat nur ein wenig gelitten. (sid, red, 20.11.2018)