Foto: Koenigsegg

Aber natürlich habe ich für eine 1000er-Auto-Geschichte in diesem Jubiläums-RONDO zuallererst die Gebrauchtwagenbörsen durchforstet. Ich kann Ihnen nun sagen, um einen 1000er findet man dort nichts, womit man zumindest 1000 Kilometer weit kommt, ohne Gefahr zu laufen, mindestens einen weiteren 1000er zu versenken. Unter 1000 Rostbeulen kein Glückstreffer, der es wert wäre, in diesem besonderen Heft erwähnt zu werden.

Doch der 1000er muss in der Vergangenheit auch Automobilisten beschäftigt haben. Hat er auch, wie sich mit ein wenig Kopfschiefhalten zeigt.

Koenigsegg Agera RS. In der argen Version leistet er ein MW, also 1000 kW, 1360 PS.
Foto: Koenigsegg

1000 kW

Christian von Koenigsegg! Mussten Sie auch gleich an den schwäbisch-schwedischen Designer denken, der 1994 im zarten Alter von 22 Jahren seine exklusive Supersportwagenschmiede gründete und mit dem One:1 und zuletzt mit dem Agera RS1 mobile Sensationen baute, die 1000 kW Leistung haben? Das sind in Fußballfelder umgerechnet 1360 PS, die erbarmungslos aus einem fünf Liter großen V8-Biturbo gebollert kommen.

12,4 Sekunden. So lange braucht der Lada Vesta für den Sprint von 0 auf 100 km/h. In einer Zehntelsekunde weniger ist der Agera RS1 auf Tempo 300. Wer das braucht? Ehrlich gestanden, auch wenn wir 1000 Redakteurinnen und Redakteure im RONDO wären, wir kämen nicht drauf. Aber nachdem die 25 gebauten Fahrzeuge schneller verkauft als gefertigt waren, dürfte es da eine Gruppe von 1000er-Fans geben, von der wir nichts wissen. Was Sie jetzt sicher noch wissen wollen, das ist, wie viel jeder der exklusiven 25 wohl für seinen 1000-kW-Koenigsegg hingeblättert hat. Umgerechnet in Lada Vesta: fast 200. Aber noch ohne Steuern.

Aber ehrlich gestanden sperren sich Leistungsangaben eines Autos in Kilowatt auch beim langjährigen Autojournalisten. Also brauchen wir ein Auto mit

Lotec C1000. Der exotische Sportwagen aus Deutschland leistet strichgerade 1000 PS.
Foto: RK Motors

1000 PS

Nein, tut mir leid, der Bugatti gilt nicht, der hat 1001 PS, den können wir höchstens im nächsten Heft brauchen, sollten wir die Zahlenspielerei fortsetzen wollen. Aber es muss doch ein Auto mit 1000 PS geben. Ja. Tut es auch. Eines. Den Lotec C1000. Nie gehört? Macht nichts. Es ist eine kurzweilige Geschichte.

Kurt Lotterschmid gründete 1962 im deutschen Kolbermoor die Autoschmiede Lotec. In den Anfangsjahren baute man noch an Formel-V-Autos, also Rennwagen, bei denen die meisten Teile vom Käfer stammten, später tunte man Ferrari-Motoren und baute für Mercedes-Rennwagen GFK-Karosserien.

Nach einer bewegten Rennsportgeschichte keimt die Idee, einen eigenen Sportwagen mit 850 PS Leistung zu bauen. Das ist auch der Zeitpunkt, als ein Geschäftsmann aus den Vereinigten Arabischen Emiraten auf Lotec aufmerksam wird, an dem Projekt grundsätzlich Gefallen findet, sich aber lieber 1000 PS Leistung wünscht – und für 3,5 Millionen Dollar bekommt er den Wagen auch.

Lotec C1000 heißt der damals schnelleste Serienwagen der Welt, der gemeinsam mit Mercedes-Benz entwickelt und nur einmal gebaut wurde. Ein 5,6 Liter großer V8 mit zwei Turboladern treibt den nicht einmal 1000 Kilogramm schweren Sportler an. 431 km/h war er schnell, und den Sprint auf 100 km/h schaffte er in 3,4 Sekunden. Und genauso schnell war der Wagen auch auf einmal verschwunden. Bis er Ende 2013 bei einer Auktion in North Carolina wieder auftauchte. Rufpreis: 1,3 Millionen Dollar.

Im Sommer 2015 steht der Wagen dann plötzlich bei einem Sportwagenhändler. Darauf ein Schild: "For Sale!"

Der weiße Alfa Romeo gewann bei der Mille Miglia die Herzen der Zuschauer.
Foto: Mille Miglia

1000 Meilen

Richtig viel Geld lässt sich auch in einen schönen 1000-Meilen-Wagen versenken. 1000 Meilen, oder auf Italienisch: Mille Miglia. 1927 fand das erste Rennen statt, das von Brescia über Rom zurück nach Brescia führte. Ferdinando Minoia und Giuseppe Morandi gewannen es in 21 Stunden, vier Minuten und 48,2 Sekunden in einem OM, einem Officine Meccaniche 665 Superba. Ihnen sollten so klingende Namen wie Giuseppe Campari, Tazio Nuvolari, Achille Varzi oder auch Sterling Moss folgen. Nach einem schweren Unfall aufgrund eines Reifenschadens am Ferrari des Spaniers Alfonso de Portage, bei dem neben ihm sein Beifahrer und zehn Zuschauer, darunter fünf Kinder, starben, wurde noch im gleichen Jahr, 1957, die Mille Miglia in dieser Form verboten.

Danach wurden, bis 1967, nur noch auf einzelnen Abschnitten der Strecke Rallyes oder Bergrennen gefahren. Zehn Jahre später fiel der Startschuss zur ersten Mille Miglia Storica, eine Oldtimerveranstaltung, die mit Autotypen gefahren wird, die seinerzeit bei der Mille Miglia am Start waren. Es geht also um Sehen und Gesehenwerden. Aus motorsportlicher Sicht darf man die Gleichmäßigkeitsrennen also ohne Scham Gleichgültigkeitsrennen nennen.

Marc Marquez gewann heuer auf der Honda zum sechsten Mal die MotoGP.
Foto: Honda

1000 Kubikzentimeter

Auf der Suche nach etwas Leistbarem in der 1000er-Auto-Rubrik stößt man unweigerlich auf die Ein-Liter-Motoren. Also Motoren mit 1000 Kubikzentimeter Hubraum. Die feiern eh gerade ihre Hochblüte, denken wir nur an die ganzen Ein-Liter-Drei-Zylinder-Turbos, die in den downgesizten Klein- und Kompaktwagen werken. Doch beim genauen Hinschauen fällt auf, was eigentlich eh schnell klar ist: 1000 lässt sich schwer durch drei teilen. So haben die Dreizylinder aus dem VW-Konzern einen Hubraum von 999 Kubikzentimeter, der mehrfach ausgezeichnete 1,0 l EcoBoost von Ford gar derer 998.

Fündig wurden wir im Rennsport, dort wo das Hubraummaximum mit 1000 Kubikzentimetern definiert ist: In der MotoGP, der Königsklasse des Motorradsports. Die Honda RC213 V, mit der Marc Marquez heuer zu seinem sechsten WM-Titel fuhr, die hat genau 1000 Kubikzentimeter Hubraum. Honda selbst spricht von einer Spitzenleistung von 245 PS, die sie aus dem V4-Motor holen. Im Fahrerlager munkelt man aber, dass diese Angabe äußerst bescheiden sein dürfte. Doch auch wenn wir bei den 245 PS bleiben, und weiter davon ausgehen, dass der zierliche Herr Marquez selbst im vollgeschwitzten Rennleder keine 90 Kilo auf die Waage bringt, dann hat diese Fuhre samt Fahrer immer noch weit mehr als 1 PS pro Kilogramm. Das ist ein Verhältnis, das einem gerade auf zwei Rädern das Fürchten lehrt, dass man die sprichwörtlichen ...

Der Mini All4 Racing gewann vier Mal die Dakar.
Foto: Mini

... 1000 Tode

stirbt. Ist mir übrigens auch schon passiert. Allerdings nicht auf zwei Rädern, sondern auf vieren. In einem Mini. Dem Mini All4 Racing. Genau dem Mini, der viermal hintereinander die Dakar gewann. Angetrieben wird er von einem drei Liter großen Diesel aus Steyr. 320 PS. Drehmoment: 800 Newtonmeter. Da sind wir schon Cabrios mit wilderen Zahlen im Datenblatt gefahren. Aber der Mini All4 Racing ist jetzt eine ganz andere Welt. Unter der Haube sind nur Kühler, der Motor sitzt unter dem Fahrer und hört sich an wie das Triebwerk eines Hubschraubers. So weit, so arg.

Man konzentriert sich halt beim Fahren, meint man, treibt es nicht auf die Spitze, dann wird man auch diesen Wagen im ewigen Eis nahe des Polarkreises in Rovaniemi derbändigen. Doch wenn dann neben dir Andreas Schulz sitzt, der in diesem Wagen schon zwei Mal die Dakar gewonnen hat, und dich fortwährend anbrüllt, endlich schneller zu fahren, dann schließt du irgendwann mit deinem Leben ab. Nicht nur ein Mal. 1000 Mal. (Guido Gluschitsch, RONDO, 24.11.2018)