Ein geschwungener Tresen, Kunst in Form eines an der Wand hängenden Strickpullovers, Hauswein aus Römergläsern und im Hintergrund Musik von Wanda. Willi Schlögl und Johannes "Schelli" Schellhorn eröffneten in Berlin-Mitte vor kurzem Die Freundschaft, eine Mischung aus Weinbar und Wirtshaus.

Samstagmittags um zwölf stehen die Barhocker noch umgedreht auf dem Tresen. Schlögl, schwarzes T-Shirt, Vollbart, Strohhut, sieht hinter seinen Brillengläsern ein bisschen verschlafen aus. Sein Kollege Schellhorn wahrscheinlich auch, was wir aber nur vermuten können, weil er nicht da ist. "Geht auch nicht ans Handy", brummt Schlögl, und man ahnt: Das kommt in der besten Freundschaft vor.

Der Eischnee muss steif sein, die Stücke sollen nicht zu klein zerteilt werden, außerdem braucht es jede Menge Butter. So gelingt der Kaiserschmarren, meint Willi Schlögl.
Foto: Eva Biringer

Hier im Lokal soll ein 1.000-Kalorien-Gericht zubereitet werden. Kein Problem für die beiden Exilösterreicher. Schließlich zählt die Kulinarik ihrer Heimat nicht unbedingt zur leichten Kost. Vor allem Mehlspeisen, so denkt man, decken nur allzu schnell den empfohlenen Tagesbedarf an Kalorien.

So schlägt Gastronom und Genussexperte Willi Schlögl vor, einen Kaiserschmarren zu backen. Im Kreis seiner in der Steiermark ansässigen Familie gilt der 32-Jährige als Kaiserschmarrengott, wenn nicht -kaiser. Schlögl stammt aus einer Wirtshausdynastie.

Schon früh hat er sich Mamas Rezept abgeschaut und über die Jahre perfektioniert. Vor allem heißt das: mehr Butter, "das Olivenöl Österreichs". Überraschenderweise hat aber auch ein ordentlicher Kaiserschmarren Google zufolge nur 154 Kalorien pro hundert Gramm, nicht gerade viel.

Foto: Eva Biringer

Butter hin, Zucker her: Um die Tausendermarke zu knacken, braucht es eine gehaltvolle Getränkebegleitung. Zumindest hier ist auf Kollege Schelli Verlass: Am Vorabend hat er eine Flasche Ruster Ausbruch von Ernst Triebaumer eingekühlt. Das wären circa 160 Kalorien pro hundert Milliliter. 400 Gramm Schmarren und zwei Achtel Ausbruch, und schon sind die 1000 Kalorien geschafft!

Schlögl macht sich an die Arbeit und schlägt das Eiweiß steif. Als Prüfung dient der sogenannte Feiglingstest: mit energischer Bewegung die Schüssel über dem Kopf umdrehen. "Schau, so steif!" Zusammen mit mehr Butter, als Mama gutheißen würde, Zucker, Salz und Milch wird daraus ein nicht zu flüssiger Teig, weil später noch etwas Soda hineinkommen soll. Dafür keine Rosinen.

"Der Kaiserschmarren ist ein andächtiges Gericht", sinniert Schlögl, während er den sehr steifen Eischnee mithilfe eines Teigschabers in die Schüssel mit dem Teig bugsiert. "Wie eine kleine Wolkendecke!"

Foto: Eva Biringer

Was sind die größten Fauxpas bei der Kaiserschmarrenzubereitung? Schlögl sagt: Die von manchen Deutschen praktizierte Unart, die Eier nicht zu trennen, was zu einem "dicken Pfannkuchen" führt, zu wenig Salz und vor allem zu wenig Butter – okay, Prinzip erkannt.

Auch den Schmarren in zu kleine Stücke zu reißen, weil er dann wirke wie "für Pensionisten vorgekaut". Schlögl backt den Teig in der Pfanne, zerpflückt ihn in Stücke und vermengt sie mit karamellisiertem Zucker. Fertig ist der Schmarren!

Foto: Eva Biringer

Dann fällt dem Koch ein, dass er vergessen hat, Soda in den Teig zu geben. Was auch fehlt, ist der Zwetschkenröster. "Schelli, der ihn hätte machen sollen, ist bis zuletzt nicht aufgetaucht. Inzwischen hat jemand die Musik gewechselt, es läuft jetzt Der Nino aus Wien.

Der Ruster Ausbruch ist auch schon leer. Kein Problem bei einer Weinkarte mit rund fünfhundert Positionen. Die Hälfte von den tausend Kalorien sind in unserem Bauch, die perfekte Unterlage, um sich durch die Weinkarte zu probieren. (Eva Biringer, RONDO, 26.11.2018)