Der Verein "Teenstar" soll nicht mehr an Schulen unterrichten dürfen.

Foto: Screenshot/Teenstar

Wien – Der Verein Teenstar wirbt damit, Lehrer und Eltern bei der Sexualerziehung von Jugendlichen zu unterstützen. Zu diesem Zweck bietet Teenstar Ausbildungen für Kursleiter, Beratungen und auch Workshops in Schulen an. Dabei verbreitet der Verein hochproblematische Ansichten hinsichtlich Sexualität und Geschlechtsidentitäten.

Die Wiener Wochenzeitung "Falter" veröffentlichte interne Schulungsdokumente des Vereins, die der Homosexuellen-Initiative (Hosi) Salzburg von einer Kursaussteigerin zugespielt wurden. Aus diesen geht hervor, dass die vermittelten Inhalte aus einer erzkonservativen Richtung kommen. So werden etwa "Ich-Bezogenheit" und ein "geringes Schuld- bzw. Selbstwertgefühl" als "mögliche Folgen der Selbstbefriedigung" gelehrt. Weiter wird hinterfragt, ob Homosexualität denn "Schicksal" sein müsse.

Seit Monaten wird der Verein Teenstar kritisiert, nun darf er nicht mehr an Schulen arbeiten. Laut Bildungsministerium sind die Inhalte bedenklich.
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Aus der Erkenntnis, dass individuelle Sexualität mitunter wandelbar ist, zieht man bei Teenstar den Schluss, dass man die Prämisse "einmal schwul, immer schwul" nicht zwangsläufig hinnehmen müsse, da "eine anhaltende Veränderung der sexuellen Orientierung sehr wohl möglich ist, oft durch eine Kombination von Therapie oder Selbsthilfegruppen".

In etwaigen Diskussionen über vorehelichen Sex werden Kursleiter angewiesen, den Jugendlichen Fragen zu stellen wie: "Wenn ihr euch so sehr liebt, warum heiratet ihr nicht gleich? Wenn nicht, warum habt ihr dann Geschlechtsverkehr?" In der Kurseinheit zum Thema "Mann/Frau" wird gelehrt, dass Männer "räumlich" und Frauen "sprachlich begabt" seien.

Der Verein wird auch vom Institut für Ehe und Familie, einer Einrichtung der österreichischen Bischofskonferenz, empfohlen. Auch mit der Erzdiözese Wien arbeitet Teenstar zusammen. So wurde der Verein etwa in einer Lehrerfortbildung vorgestellt, in einzelnen Pfarren wurden Kurse angeboten. Ob man weiter zusammenarbeiten werde, müsse man sich noch "genau anschauen und Maßnahmen ableiten", sagte ein Sprecher zum STANDARD.

Kritik der Hosi

Laut Selbstbeschreibung versteht sich Teenstar als "ein Programm, das jungen Menschen im Bereich Persönlichkeitsentwicklung, Freundschaft, Liebe und Sexualität Orientierung bietet", um so einen "Beitrag zur positiven Gestaltung der Zukunft unserer Jugendlichen" zu leisten. Laut Angaben, die der Verein gegenüber dem "Falter" machte, wurden etwa 100 Workshops allein heuer von Teenstar durchgeführt. Aktiv soll der Verein vor allem in ländlichen Schulen in Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und auch Südtirol sein. Auf der Website sind derzeit auch einige Termine in Wien gelistet.

"Es ist äußert bedenklich, wie Teenstar unter dem Deckmantel einer scheinbar modernen und ganzheitlichen Sexualpädagogik sein christlich-fundamentalistisches Netz webt und über Kinder und Jugendliche auswirft", sagt Kathleen Schröder, Bildungsbeauftragte der Hosi Salzburg und Gesundheitspräventologin. Die Vorgehensweise von Teenstar sei durchwegs ideologisch geprägt, wirke manipulativ und sei auch unter gesundheitspräventiven Gesichtspunkten abzulehnen.

Kritik von SPÖ und Grünen

Besorgt zeigt sich die Hosi vor allem hinsichtlich der Empfehlungen einer Therapie für Homosexuelle: "Es ist hinreichend bekannt, wie schädlich diese Scheintherapien sind. Wer den Schutz von Kindern und Jugendlichen ernst nimmt, darf nicht die Schultüren für religiös-fundamentalistische Vereine wie Teenstar öffnen", sagt Paul Haller.

SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner kündigt eine parlamentarische Anfrage an Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) zum Thema an, im Zuge derer geklärt werden soll, "welche bundesweiten Konsequenzen" gezogen werden. Auch die Grünen erklären, dass "homophobe Propaganda" an Österreichs Schulen keinen Platz haben dürfe.

Widerspruch zu Erlass

Eine Fortführung der Aktivitäten des Vereins in der Schule wird in derzeitiger Form nicht möglich sein, gab das Bildungsministerium bekannt. Das Ministerium hat laut parlamentarischer Anfragebeantwortung vom September bereits angeordnet, dass bundesweit alle (geplanten) Sexualkunde-Workshops externer Anbieter bei den Bildungsdirektionen gemeldet werden und diese sofort eingreifen müssen, falls das Angebot den Vorgaben widerspricht oder Qualitätsmängel aufweist.

Bis Anfang Dezember soll die Überprüfung aller relevanten Materialien und Methoden von Teenstar durch das Bildungsministerium abgeschlossen sein und an die Ergebnisse die Bildungsdirektionen kommuniziert werden. Die bisherige Sichtung habe allerdings ergeben, dass gewisse Inhalte nicht dem Grundsatzerlass zur Sexualpädagogik entsprechen und deshalb nicht mehr an Schulen vermittelt werden dürfen. Sollte Teenstar sein Konzept adaptieren und kritisierte Inhalte ändern, könnte der Verein allerdings wieder an Schulen aktiv werden. "Wenn der Verein sagt, das sind zentrale Inhalte, wird eine Zusammenarbeit in bisheriger Form nicht mehr möglich sein", sagt Generalsekretär Martin Netzer.

Keine "Lex Teenstar"

Es handle sich dabei nicht um eine "Lex Teenstar", so Netzer. Die generellen Kriterien (etwa altersadäquate Vermittlung der Themen auf aktuellem Stand der Wissenschaft) würden schließlich für alle Vereine gelten, die Angebote an Schulen machen. Mit Abschluss der Überprüfung soll deshalb eine entsprechende Klarstellung herausgehen, wie die Schulen und Bildungsdirektionen die Einhaltung der Qualitätskriterien sicherstellen können.

Dem Verein selbst sei keine "Anweisung, Absicht oder Anregung vonseiten des Bildungsministeriums bekannt, die von einer Kooperation mit dem Angebot von Teenstar abraten würden", heißt es in einer Stellungnahme auf der Vereinswebsite. (van, APA, 21.11.2018)