624 Frauen und 640 Kinder fanden im Jahr 2017 in einem der vier Wiener Frauenhäuser Zuflucht. 2020 soll der Spatenstich für ein fünftes Haus erfolgen.

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In den vier Frauenhäusern mit Platz für 175 Frauen und deren Kinder sowie 54 Übergangswohnungen wird es in Wien langsam zu eng. Daher kündigte Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) am Mittwoch den Bau eines fünften Hauses an, das Zuflucht für von Gewalt betroffene Frauen bieten soll. 2020 soll der Spatenstich erfolgen. Eröffnen soll das neue Haus 2022 und für 50 Frauen und ihre Kinder Platz bieten.

Im 40-jährigen Bestehen der Wiener Frauenhäuser habe der Verein 17.300 Frauen und ebenso vielen Kindern geholfen, aus Gewaltbeziehungen zu entkommen, berichtete die Vorsitzende des Vereins Wiener Frauenhäuser, Martina Ludwig-Faymann. Alleine im Jahr 2017 wurden 624 Frauen und 640 Kinder in den Frauenhäusern untergebracht. In der Beratungsstelle der Frauenhäuser gab es zudem 16.725 Kontakte mit von Gewalt betroffenen Frauen, 1.386 davon waren persönlich.

Gewalt wird bagatellisiert

"Gewalt gegen Frauen wird leider immer noch bagatellisiert", erklärte Andrea Brem, Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser. So würden Drohungen gegen Frauen oft nicht ernst genommen. Doch: "Fast jedem Mord an einer Frau geht eine Drohung voran", sagte Brem. Die Zahlen seien "alarmierend": Im Jahr 2017 wurden nach Angaben des Bundeskriminalamts 77 Frauen in Österreich Opfer eines Mordes oder Mordversuchs, 34 wurden getötet. "Das sind drei Frauen pro Monat", rechnete Brem vor. Eine von fünf Frauen ist in Österreich aktuell sexueller und/oder körperlicher Gewalt ausgesetzt.

Es gebe "immer mehr Einrichtungen in Wien, die gut ausgelastet sind", sagte Faymann-Ludwig. Das neue Haus brauche man auch, weil Wien im Jahr 2027 voraussichtlich zwei Millionen Einwohner haben wird, betonte Gaal. Mit 225 Plätzen in fünf Wiener Frauenhäusern wird die Europaratsrichtlinie, die einen Frauenhausplatz pro 10.000 Einwohner vorsieht, künftig gar überschritten.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen

"Arbeit gegen Gewalt an Frauen heißt aber vor allem auch Einsatz für ökonomische Unabhängigkeit und Gleichstellung von Frauen", sagte Ludwig-Faymann. Denn je unabhängiger eine Frau ist, desto eher kann sie sich aus einer Gewaltbeziehung lösen.

In dem neuen, barrierefrei zugänglichen Haus soll jede Frau ihr eigenes Zimmer haben, hinzu kommen großzügige Räume für Kinder – etwa zur Therapie oder als "Toberaum", wo Kinder Ball spielen und herumlaufen können. Denn: "Oft können die Kinder am Anfang gar nicht hinausgehen", erklärte Brem. Wie in allen Wiener Frauenhäusern wird es "hohe Sicherheitsvorkehrungen" geben, inklusive Direktverbindung zur Polizei.

Mit den Behörden stehe man in engem und gutem Kontakt. Mittlerweile würden 13 Prozent aller Frauen von der Polizei an ein Frauenhaus verwiesen. Die Mehrheit der Frauen, die in einem Frauenhaus der Stadt Zuflucht finden, bleibe bis zu ein halbes Jahr, rund ein Viertel der Frauen verlässt es schon nach zwei Wochen. Viele von ihnen kämen später erneut. Etwa ein Zehntel wird länger betreut.

Taskforce Strafrecht

Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) bestätigte indes im Ö1-"Morgenjournal", dass die Taskforce Strafrecht mit Hochdruck an strengeren Strafen und an der Opferstärkung arbeite. Es gehe auch darum, "die Täter-Opfer-Umkehr aus der Gesellschaft zu bringen", sagte Edtstadler. (Oona Kroisleitner, 22.11.2018)