Seit dem Flüchtlingsandrang im Herbst 2015 schlug sich der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Grenze insgesamt mit mehr als einer Viertelmilliarde Euro zu Buche – das geht aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) an die Neos hervor.
Konkret beziffert der Minister in dem Schreiben mit der Aktenzahl S91143/100-PMVD/2018(2) die "Vollkosten" des Militäreinsatzes von September 2015 bis März 2018 mit 251,9 Millionen Euro – in die Summe eingerechnet sind also auch ohnehin anfallende Kosten für den Dienstbetrieb beim Bundesheer.
Im Detail erforderte der Mehraufwand in dem Zeitraum aber immerhin rund 129,8 Millionen, davon betrugen die Einsatzzulagen für die Soldaten und zusätzlicher Sachaufwand 114,8 bzw. 13,6 Millionen. Rund 1,4 Millionen wurden außerdem für diverse "Anmietungen" fällig.
Angesichts von 673 aufgegriffenen illegalen Grenzgängern seit Jahresbeginn bis September meint Douglas Hoyos, Verteidigungssprecher der Neos: "Diese Zahl rechtfertigt den hohen Aufwand für das Bundesheer nicht." Noch dazu, wo die meisten Aufgriffe die Polizei "im Hinterland" tätige, der Aufmarsch des Militärs im Süden habe allenfalls "taktischen Nutzen". Daher drängt die kleine Oppositionspartei auf ein Auslaufen des Einsatzes.
Trotz rückläufiger Flüchtlingszahlen schieben an der Grenze des Burgenlands, der Steiermark, Kärntens bis heute Soldaten Wache – und ebenfalls präsent sind sie am Brenner in Tirol. Aktuell sind rund 900 Mann im Einsatz, davon rund 400 Grundwehrdiener, 200 Milizionäre, der Rest ist Kaderpersonal.
Auf Anfrage hält Minister Kunasek, der 2020 als FPÖ-Spitzenkandidat bei der steirischen Landtagswahl antreten will, fest: "Solange der EU-Außengrenzschutz nicht wirksam genug und die Anforderung des Innenministeriums gegeben ist, bleibt der Assistenzeinsatz aufrecht. Denn Sicherheit zählt zu den größten Grundbedürfnissen der Bevölkerung."
Politischer Wille trotz Stille
Rückblick: Nach Erweiterung der Schengengrenze bestand einst auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) jahrelang weiterhin auf einen Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Grenze zu Ungarn – damals ging es politisch weniger um den Kampf gegen illegale Einwanderung als um den Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität. Im ganzen Jahr 2009 etwa wurden nur neun Personen aufgegriffen und kein einziger Schlepper.
Summa summarum wies das Verteidigungsressort von 2007 bis 2011 für die militärische Präsenz im dortigen Hinterland Kosten von rund 80 Millionen Euro aus, was der Rechnungshof auch angesichts des geringen Anteils an angezeigten Vermögensdelikten auf Basis der Meldungen von Soldaten bemängelte – ihr Anteil an der Gesamtzahl machte gerade einmal 0,84 Prozent aus.
Die höheren Kosten des aktuellen Grenzeinsatzes begründet man im Verteidigungsressort damit, dass in der zweiten Jahreshälfte 2015 wegen der Flüchtlingskrise wesentlich mehr Soldaten und kaum kostengünstigere Grundwehrdiener eingesetzt waren, dazu kamen vielfältigere Aufgaben im Zuge der Beteiligung am "Grenzmanagement" zuerst in Nickelsdorf, dann in Spielfeld – etwa die Sicherung von Bahnübergängen oder der Weitertransport von Asylwerbern.
Keine Soldaten im Parlament
Dass Heeresbeamte statt privater Securitys bald auch im Parlament zum Einsatz kommen, wie von Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ) angesichts der Affäre rund um einen rechtsextremen Wachmann für den BVT-U-Ausschuss vorgeschlagen, ist ausgeschlossen. Einerseits winkt Kunasek ab: "Die Bewachung des Parlaments fällt in die Zuständigkeit der Parlamentsdirektion." Andererseits hält Verfassungsrechtler Theo Öhlinger fest: "Für mich ist der lang anhaltende Assistenzeinsatz problematisch, aber darüber braucht man erst gar nicht zu streiten: Soldaten im Parlament sind nicht verfassungskonform, das ist indiskutabel." (Nina Weißensteiner, 21.11.2018)