Bild nicht mehr verfügbar.

Die Euphorie des Vorjahrs ist bei Bitcoin wie ein Kartenhaus zusammengefallen.

Foto: Getty Images, Collage: Heidi Seywald

Jede Währung lebt von Vertrauen. Diese Tatsache betonte der frühere Deutsche-Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele wiederholt, etwa bei seinen leidenschaftlichen Reden für die Beibehaltung von Bargeld. Auf das jüngste Kursdebakel von Bitcoin umgemünzt bedeutet dies wohl, dass die Kryptowährung zehn Jahre nach ihrer Erfindung in eine veritable Vertrauenskrise gerutscht ist. Seit Mitte November ist der Kurs um 30 Prozent auf ein Niveau von derzeit knapp 4.500 Dollar abgesackt.

Dabei glich schon zuvor die Kursentwicklung für Bitcoin-Anleger, salopp gesagt, einem Watschentanz. Seit dem Rekordhoch von knapp 20.000 Dollar im vergangenen Dezember ging es mit Bitcoin in mehreren Schüben abwärts, sodass der Kurs seither um mehr als drei Viertel gefallen ist. Aber auch andere Kryptowährungen wurden geradezu zerbröselt – insgesamt ist das gesamte Marktvolumen digitaler Währungen von rund 830 Milliarden Dollar im Hoch auf derzeit knapp unter 150 Milliarden kollabiert.

Angestiegen ist in dieser Phase einzig die Anzahl verfügbarer Kryptowährungen und Token, nämlich von 1.300 auf etwas mehr als 2.000. Allerdings beträgt der Gesamtwert bloß bei 49 dieser digitalen Währungen mehr als 100 Millionen Dollar, bei mehr als 1.200 ist umgerechnet nicht einmal eine Million Dollar in Umlauf.

Zu langsam und teuer

Bei Bitcoin sind die Probleme freilich anders gelagert – denn nicht nur der Kurs, sondern auch die tatsächlich getätigten Zahlungen mit dem Digitalgeld sind in den ersten drei Quartalen heuer eingebrochen: Laut einer Erhebung des Hauses Chainalysis hat das Zahlungsvolumen gegenüber dem Vorjahr um fast 80 Prozent abgenommen. Manche Unternehmen haben gänzlich aufgehört, Zahlungen in Bitcoin zu akzeptieren. Transaktionen mit Bitcoin müssten schneller und billiger werden, sagt die UBS-Strategin Joni Teves. Zudem vermisst sie ein klares Regelwerk, das Bitcoin-Nutzern das Gefühl von Legitimität verleihe.

Bitte warten heißt es unterdessen hinsichtlich der Genehmigung der US-Finanzaufsicht für Bitcoin-Terminkontrakte auf der neuen digitalen Handelsplattform Bakkt der New Yorker Börse, die Ende Jänner als Marktstart anpeilt. Gerüchten zufolge soll die Behörde noch im November grünes Licht dafür geben. Darin sieht Mark Valek vom Vermögensverwalter Incrementum ein positives Signal für die Zukunft, nämlich dass die nötige Infrastruktur für künftige Investitionen institutioneller Anleger geschaffen werde – etwa durch den Aufbau von Verwahrstellen.

Bärenmarkt nicht zu Ende

Grundsätzlich sieht er den Bärenmarkt, also ein lange Phase fallender Kurse, zwar weit fortgeschritten, aber noch nicht an seinem Ende. Ein Merkmal sei, dass gute Nachrichten in den Kursen derzeit keinen Widerhall fänden. "Das ist ein Indiz dafür, dass der Bärenmarkt noch anhält." Wie weit es noch abwärtsgehen kann? Valek schätzt den Tiefpunkt in einer Spanne zwischen 2.000 und 3.000 Dollar – es gibt also noch etliches Abwärtspotenzial.

Damit liegt er weitgehend im Einklang mit Robert Schittler, der als technischer Analyst von Raiffeisen Research aufgrund des Kursverlaufs Prognosen erstellt. Auch er sieht die Kryptowährung "bearish", erwartet also weitere Kurseinbußen bis auf zunächst 3.130 Dollar. In weiterer Folge kann es aus seiner Sicht sogar bis auf 1.960 Dollar hinuntergehen.

Wie Kryptowährungen funktionieren, erklärt Explainity im Video
explainity ®

Bitcoin bleibt Spekulationsobjekt

Den jüngsten Abwärtsschub hat der US-Ökonom und vehemente Bitcoin-Kritiker Nouriel Roubini genutzt, um seine Einschätzung kundzutun: Es sei noch ein weiter Weg "zu null, wo Bitcoin hingehört". Dem stimmt der Incrementum-Experte Valek zwar keineswegs zu – räumt aber ein: "Bitcoin wird ein Spekulationsobjekt bleiben."

Die Kryptowährung spaltet also weiterhin die Geister, ob es sich dabei um eine aussichtsreiche Anlage handelt. Aber, um ein weiteres Mal einen Ausspruch von Ex-Bundesbanker Thiele auf Bitcoin umzulegen: "Jeder Bürger hat das Recht, mit seinem Geld so zu verfahren, wie er möchte." (Alexander Hahn, 22.11.2018)