Die Vorgänge in der protoplanetaren Scheibe sind teilweise noch rätselhaft.

Illustr.: University of Copenhagen/Lars Buchhave

Der Fallturm im Labor des IGEP verhalf zu neuen Erkenntnissen über das Verhalten der Staubteilchen.

Foto: Ingo von Borstel, Hiroaki Katsuragi, Jürgen Blum/TU Braunschweig

Wie aus der Gas- und Materiewolke, die die Sonne unmittelbar nach ihrer Geburt umgab, die Planeten erwuchsen, ist noch immer nicht ausreichend geklärt. Nach der aktuell am besten belegten Theorie nahmen die Planeten bei Kondensationsprozessen in der protoplanetaren Gas- und Staubscheibe ihren Anfang: Mikrometerkleine Straubkörner lagerte sich durch Koagulation aneinander, bildeten größere Konglomerate und vereinten sich schließlich weiter zu sogenannten Planetesimalen, den eigentlichen Keimzellen der Planeten. Sobald die Klumpen Durchmesser von einigen Metern erreicht hatten, wirkte sich die Gravitation immer stärker aus und das Wachstum beschleunigte sich.

Stößt der Himmelskörper mit anderen Fragmenten oder Planetenvorstufen zusammen, entstehen Trümmerstücke und schließlich wieder Staub. Um mehr zu erfahren, wie sich diese Staubklumpen und Partikel bei Kollisionen verhalten und entsprechend zur Planetenbildung beitragen, haben nun internationale Forscher um Hiroaki Katsuragi von der Nagoya University (Japan) und Jürgen Blum von der TU Braunschweig einen experimentellen Ansatz entwickelt.

Gefilmter Aufprall

Blum und seine Kollegen konstruierte dazu einen 1,5 Meter hohen Fallturm, der unter Mikrogravitations- und Vakuumbedingungen wie im Weltraum betrieben wird. Dann schossen die Wissenschafter vom oberen Rand des Turmes ein millimetergroßes Projektil auf einen frei fallenden Klumpen Staubpartikel, ein sogenanntes Cluster. Dabei filmte eine Hochgeschwindigkeitskamera mit 3.000 Bildern pro Sekunde, wie das Projektil auf den Klumpen prallte und den Cluster auseinander brach. Sie wiederholten das Experiment mit Projektilen aus Plastik, Blei und Glas verschiedener Größen, die entweder auf porösen Staub oder dichte, starre Glasperlen trafen.

Katsuragi und Blum analysierte die stoßinduzierte Ausdehnung der Partikel. Die Expansionsdynamik von porösen Clustern (lose Partikel) stimmte mit der von starren Clustern überein. Die hierarchische Struktur des dichten, starren Materials hatte demnach keinen Einfluss auf die Dynamik des Aufpralls. Durch die Kollision wurden etwa zwei bis sieben Prozent der kinetischen Energie des Projektils auf das Cluster übertragen. Das Projektil behielt etwa 15 Prozent seiner Vorkollisionsenergie, wobei der Rest der Energie durch Verformung oder Wärme abgeführt wurde.

Universelle Regeln

Die Experimente von Blum und Katsuragi deuten darauf hin, dass sich universelle Regeln für alle Kollisionen ableiten lassen – unabhängig von Größe und Material des Projektils und von der Partikelart. "Durch diese universellen Regeln lassen sich unsere Ergebnisse auch auf die uns unbekannten Körper in fremden Planetensystemen anwenden. Wir können damit viel besser als zuvor vorhersagen, was bei Kollisionen dort geschieht", sagt Blum. (red, 22.11.2018)