Kabul/Paris – Afghanistans Regierungschef Abdullah Abdullah glaubt nach eigenen Worten nicht an einen baldigen Durchbruch bei den Friedensverhandlungen mit den radikalislamischen Taliban. "Jüngst gibt es neue Bemühungen durch die internationale Gemeinschaft und besonders durch die USA", sagte Abdullah im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.

"Wir urteilen darüber nicht zu früh, aber ich würde sagen, dass unsere Erfahrung bisher war, dass sie (die Taliban) keine Absicht erkennen ließen, sich ernsthaft an den Friedensverhandlungen zu beteiligen."

"Wird sehr überraschend sein"

Insbesondere vor der für April angesetzten Präsidentschaftswahl werde es zu keinem Durchbruch bei den Verhandlungen kommen, sagte Abdullah bei dem Interview am Rande seiner dreitägigen Paris-Reise. "Es wird sehr überraschend sein, falls das passiert, aber sollte es passieren... die Menschen in Afghanistan würden es begrüßen."

Der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Zalmay Khalilzad, versucht derzeit mit Hilfe anderer einflussreicher Staaten in der Region, darunter Pakistan und Saudi-Arabien, die Taliban an den Verhandlungstisch zu bringen. Vertreter der islamistischen Miliz sprechen seit Juli mit den USA über ein Ende der Gewalt in Afghanistan. Die jüngste Verhandlungsrunde fand vermutlich vergangene Woche in Katar statt.

"Keine Frage ob, sondern wann"

Afghanistans Präsident und politischer Rivale Abdullahs, Ashraf Ghani, hatte sich Anfang des Monats deutlich zuversichtlicher über die Friedensperspektiven geäußert. Es sei "keine Frage ob, sondern wann" eine Einigung mit der Extremistengruppe erzielt werde. Khalilzad hatte zuletzt sogar Hoffnungen auf ein Abkommen vor der Präsidentschaftswahl geweckt.

Abdullah ließ gegenüber AFP offen, ob er sich kommendes Jahr erneut um das Amt des Staatschefs bewerben werde. "Ich werde aktiv auf die eine oder andere Weise involviert sein, aber ich habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen", sagte er.

Abdullah war bereits 2009 und 2014 als Präsidentschaftskandidat angetreten, zuletzt aber dem derzeitigen Staatschef Ghani unterlegen. Daraufhin trat er unter Vermittlung der USA in eine Einheitsregierung in Kabul ein.

Die Taliban und die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hatten Afghanistan in den vergangenen Monaten mit einer Welle der Gewalt überzogen, insbesondere im Zusammenhang mit der Parlamentswahl. Erst am Dienstag wurden bei einem Selbstmordanschlag in Kabul mindestens 55 Menschen getötet und 94 weitere Menschen verletzt. (APA, 22.11.2018)