Theoretisch wäre Wien eine Fahrradstadt, allein praktisch hapert es noch an so mancher Infrastruktur.

Foto: APA/Hans Punz

Wien – Ausgehend vom Schottentor ist ein Gutteil des Wiener Stadtgebietes innert 30 Minuten per Fahrrad erreichbar. Das zeigt eine Animation des Online-Routenplaners Bike Citizens, den die Mobilitätsagentur Wien diese Woche auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht hat. In die Routenplanung sind rote Ampeln sowie Steigungen bereits miteinberechnet. Somit zeigt sich: Wien hätte durchaus das Pouvoir zur Radfahrstadt.

Die Animation zeigt, welche Teile Wiens ausgehend vom Schottentor in wie vielen Minuten per Fahrrad erreichbar sind.

Das Ziel, den Radverkehrsanteil zu erhöhen, hat die Stadtregierung bereits ausgerufen. "Bis 2025 soll dieser von derzeit rund sieben auf zehn Prozent steigen", erklärt Daniel Böhm von der Mobilitätsagentur Wien. Wobei Wien einen sehr hohen Anteil an Nutzern öffentlicher Verkehrsmittel aufweist, weshalb man in der Gesamtbetrachtung des sogenannten Modal Splits, also der Wahl der Verkehrsmittel, Öffis, Fußgänger und Radfahrer zusammenrechnet. Deren Anteil soll insgesamt auf 80 Prozent erhöht werden, während man den Anteil an Automobilen als Verkehrsmitteln von derzeit etwa 26 Prozent auf 20 Prozent senken will.

Ein hehres Ziel, für das es allerdings auch die entsprechende Infrastruktur braucht. "In den vergangenen zehn Jahren wurden zahlreiche wichtige Lücken im Radwegenetz geschlossen", erklärt dazu Böhm. Aktuell sei bereits der nächste wichtige Schritt in Diskussion und Planung. Und zwar der Naschmarkt, der als Verbindung ins Wiental bis hinaus in den Wienerwald dringend für den Radverkehr adaptiert werden müsste.

Mangel an versperrbaren Abstellplätzen

Auch was die Abstellplätze anbelangt, gibt es noch viel zu tun. Derzeit stellt die Stadt rund 45.000 Fahrradabstellplätze zur Verfügung, und pro Jahr kommen etwa 3.000 weitere hinzu. Besonders in Hinblick auf die vermehrte Nutzung von E-Bikes werden aber absperrbare Plätze immer wichtiger, um diese Form der Elektromobilität zu fördern. Mit Fahrradgaragen am Hauptbahnhof, am Liesinger Bahnhof, an der Kennedybrücke in Hietzing sowie der Margaretner Radgarage unweit des Matzleinsdorfer Platzes erschöpft sich dieses Angebot auch schon wieder. Die Zahl der Plätze ist überschaubar, und die dafür anfallenden Kosten sind ebenfalls ein Faktor.

Bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen die Politik umsetzt, um die Animation zur Realität werden zu lassen. Denn eine Fahrradstadt fußt zuallererst darauf, dass man Platz für Fahrräder schafft, den man im Gegenzug bei den Autos abzwackt. Dass der Radverkehrsanteil im Steigen begriffen ist, davon zeugen die Werte an den Zählstellen, die auch heuer bereits fast durchgehend im November die Rekordwerte des Vorjahres übertroffen haben. Besonders freut Böhm, dass bei der Zählstelle Praterstern bereits Anfang November erstmals die Millionenmarke geknackt werden konnte. (Steffen Arora, 23.11.2018)