Foto: Fatih Aydogdu

Der wochenlange Verhandlungsmarathon zwischen Universitäten und Wissenschaftsministerium ist beendet, die Leistungsvereinbarungen sind unter Dach und Fach: Am Mittwoch hat die letzte Uni ihren Deal mit dem Ministerium geschnürt. Der STANDARD hat sich bei den Studierendenvertretungen und den Unis umgehört, um einen Einblick in die Studiensituation in den kommenden Jahren zu erhalten.

Generell verläuft die Einschätzung des Verhandlungsabschlusses entlang der politischen Lager: Die Studierendenorganisationen der Regierungsparteien, die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) und der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS), nennen die Leistungsvereinbarungen einen "vollen Erfolg". Die linke Koalition in der Hochschülerschaft (ÖH) ist hingegen skeptisch.

Mehr Geld für die Unis

Beginnen wir bei der guten Nachricht: Insgesamt verteilen die Leistungsvereinbarungen für die Periode 2019 bis 2021 elf Milliarden Euro. 2015 bis 2018 waren es 9,7 Milliarden. Damit machen alle Unis ein Plus von mindestens zehn Prozent. An der Uni Wien kommt die Erhöhung sogar auf 17 Prozent. "Das ist ein Fortschritt, aber liegt noch immer weit unter den jährlichen zwei Prozent des BIP, die wir fordern", sagt ÖH-Vorsitzende Hannah Lutz (VSStÖ). Immer mehr Leute wollen studieren, während die Unis mit zu knappen Ressourcen arbeiten.

Darunter leide die Lehre. Als Antwort darauf wurde mit dem Budgetzuwachs eine Vielzahl zusätzlicher Professuren eingerichtet: 70 an der Universität Wien, 40 an der Universität Graz und über 30 an der Uni Linz – ähnlich sieht es an anderen Hochschulen aus. So sollen die Betreuungsverhältnisse verbessert werden. Seitens der ÖH heißt es, das sei zwar gut, entscheidend sei aber, dass bei der Lehre aufgestockt werde. Es bleibe abzuwarten, inwiefern sich die Qualität verbessere, so Lutz.

Die Leistungsvereinbarungen geben zudem den Start frei für viele neue Studienprogramme. So wird etwa die Uni Linz im Wintersemester 2020 das erste Jusstudium nach Bologna-Regeln in Österreich eröffnen. Es sei ein Versuch, ein praxisorientierteres Jusstudium zu entwickeln, sagt Rektor Meinhard Lukas. So soll etwa die Gerichtspraxis bereits in den Master integriert werden.

Ausbau von E-Learning

Ein weiterer Trend geht in Richtung Digitalisierung. Die Universität Innsbruck will das Angebot an Freifächern erweitern, um Kenntnisse in diesem Bereich zu vermitteln. An der TU Wien spricht man von den Themenschwerpunkten "Digitale Transformation" und "Industrie 4.0 und Arbeitsplätze".

Neben der inhaltlichen Schwerpunktsetzung wird sich die Digitalisierung auch in den Lehrmethoden widerspiegeln. E-Learning wird ausgebaut und an Learning Analytics gearbeitet – der maschinellen Bewertung des Lernverhaltens von Studierenden. Um eine zukunftsfähige Lehre zu etablieren, wird die Initiative "Die digitale TU Graz" geschaffen. Ziel sei es, "die Studierbarkeit zu erhöhen und für Lehrende mehr Nutzen durch digitale Technologien zu erzeugen", heißt es seitens der Uni.

Das aufgestockte Budget ist aber an eine Bedingung geknüpft, die auf scharfe Kritik der ÖH trifft: neue Eingangshürden. Landesweit sollen etwa Jusstudien beschränkt werden. Die größte Ausweitung wird an der Uni Wien durchgeführt. Diese führt neben Jus in sechs Fächern neue Aufnahmetests ein. Die Uni Graz beschränkt den Zugang zudem in Umweltsystemwissenschaften, Pädagogik und Transkulturelle Kommunikation. Auch an der Wirtschaftsuni Wien wird ein Zulassungsverfahren für Wirtschaftsrecht eingeführt, an der TU Wien für Architektur.

Hürden abbauen

Im Gegensatz dazu will die Uni Innsbruck Hürden "so weit wie möglich" abbauen. Auch die Uni Klagenfurt und die TU Graz sind gegen neue Beschränkungen. Für die ÖH ist die Ausweitung von Aufnahmeverfahren der falsche Weg. Die Zahl jener, die in Österreich studieren wollen, steige. Beschränkungen würden vor allem Studierende aus Nichtakademikerfamilien abschrecken.

Die neuen Spielregeln für die Verteilung des Budgets basierten auf der neuen Universitätsfinanzierungsverordnung, die ÖVP-Wissenschaftsminister Heinz Faßmann im August präsentierte. Ein großes Novum dabei ist, dass die Gelder anhand der Zahl prüfungsaktiver Studierender zugewiesen werden: Dazu braucht man mindestens 16 ECTS-Punkte. Die neue Regelung bringe "mehr Kapazitätsorientierung, höhere Transparenz und mehr Studierendenbezogenheit in das System", so Faßmann. Die ÖH bleibt "vorsichtig skeptisch", sagt Lutz. Sie will abwarten, ob sich die soziale Durchmischung durch das neue System verbessere und die Qualität der Lehre tatsächlich besser wird. (Alicia Prager, Georg Senft, 24.11.2018)