Die Regierung hat einen Initiativantrag für ein Kopftuchverbot in Volksschulen eingebracht. Ein Verbot in Kindergärten ist bereits beschlossen. Außer den Neos, die eine Ausweitung des Verbots bis zur Religionsmündigkeit fordern, sendet die Opposition widersprüchliche Signale. Aus Sicht der Islamischen Glaubensgemeinschaft IGGÖ ist Zwang der falsche Weg. 2017 hatte sie jedoch unter dem Titel "Kopftuchgebot" eine Fatwa erlassen, in der die Verhüllung zur bedingungslos zu erfüllenden religiösen Pflicht für Mädchen ab der Pubertät erklärt wird. Ein Alter wurde nicht genannt, Pubertät reduzierend als Zeitpunkt der Geschlechtsreife aufgefasst. Der Vielfalt österreichischer Musliminnen trägt dies keine Rechnung. Zwei Drittel geben an, kein Kopftuch zu tragen.

Das Kopftuch ist ein sichtbares Zeichen der Ungleichstellung.
illustration: felix grütsch

Besser als Gesetze, hört man von den Islamverbänden, seien Aufklärung und innermuslimischer Dialog. Gesetz und Aufklärung sind jedoch kein Gegensatzpaar, beide sind wichtige Instrumente. So zeitigte das gesetzliche Verbot, Kinder zu schlagen, Hand in Hand mit Aufklärung eine gravierende Veränderung der Gesellschaft. Auch die Verbesserungen in islamischen Kindergärten waren den Vorgaben und der strengeren Kontrolle der Stadt Wien nach der Kindergartenstudie von Ednan Aslan geschuldet. Bis dahin hatten mehrere islamische Kindergärten mit kleinen Mädchen mit Kopftuch geworben. Sie sahen offensichtlich einen Markt. Diese Tatsache relativiert sowohl den Erfolg des innermuslimischen Dialogs als auch die Behauptung, es gebe in Kindergärten kaum verhüllte Mädchen. Die Zahl der Betroffenen sollte ohnehin nicht zum Streitpunkt werden. Es geht auch um Prävention.

Religionsfreiheit ist kein Menschenrecht de luxe

Der Einwurf, das Verbot beschneide die Religionsfreiheit, verfehlt den Rechtskonflikt. Nicht alles, was nach religiöser Auffassung für richtig erachtet wird, ist automatisch legitim. Die Abwägung verschiedener Grundrechte ist ein selbstverständlicher Vorgang in einer Demokratie, Religionsfreiheit ist kein Menschenrecht de luxe. Erwachsene etwa können lebensrettende Maßnahmen wie Operationen oder Bluttransfusionen für sich ablehnen, aber sie haben nicht das Recht, sie ihren Kindern zu verwehren, auch nicht unter Berufung auf die Religionsfreiheit. Diese kommt beim geplanten Gesetz ohnehin nur vermittelt über das Recht der Eltern auf religiöse Erziehung der Kinder ins Spiel, da die betroffenen Mädchen noch nicht religionsmündig sind. Es kollidiert hier mit Kinderrechten, etwa mit dem Recht "auf Schutz vor Diskriminierung" und "auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung". Das in der Verfassung festgeschriebene Kindeswohlvorrangigkeitsprinzip stellt einen verbindlichen Maßstab für Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und Verwaltung dar.

Nina Scholz: Schule sollte ein Freiraum sein
Foto: privat

Anders als Kippa oder religiöse Kettenanhänger schränkt der Hijab die Bewegungsfreiheit der Mädchen ein. Dahinter steckt eine Islamauslegung, die schon kleine Mädchen sexualisieren und an die Verhüllung von Haar, Hals und Nacken gewöhnen will. Das Kopftuch ist ein sichtbares Zeichen der Ungleichstellung der Geschlechter und widerspricht dem Unterrichtsprinzip "Erziehung zur Gleichstellung von Männern und Frauen" diametral. Hinzu kommt, dass wir in höheren Schulstufen zunehmend Druck durch Peergroups auf Mädchen beobachten, die kein Kopftuch tragen. Die Ausweitung des Gesetzes auf die Pflichtschule ist sinnvoll. Denn die Schule sollte ein Ort sein, wo sich Kinder unabhängig von Geschlecht, Herkunft und Religion frei und spielerisch entfalten und ein unbefangenes Verhältnis zu ihrem Körper entwickeln können. (Nina Scholz, 23.11.2018)