Das Südburgenland war nebelsuppig trübe. Ein Wetter, das nach einem Thermenbesuch riefe. Doch die Landeshauptleute hatten anderes zu tun, wenn auch in unmittelbarer Nähe der Thermen, im schönen Stegersbach. Dort konferierten sie am Donnerstag und Freitag nicht nur miteinander.
Der Chef des europäischen Ausschusses der Regionen, der Belgier Karl-Heinz Lambertz, und der deutsche Haushaltskommissar Günther Oettinger waren zu Gast. Man sprach über die Brüsseler Regionalförderung in Zeiten des Brexits und also kleiner werdender Fördertöpfe.
Niederösterreichs Johanna Mikl-Leitner lobte darum ausdrücklich den Tagungsort, wo "ein Best-Practice-Beispiel" für EU-Investments gewachsen sei. Wiens Michael Ludwig hielt die Tagungslocation – aber nicht nur das – für "einen klugen Schachzug" des Gastgebers Hans Niessl. Der habe, erläuterte Kärntens Peter Kaiser, "die europäischste Landeshauptleutekonferenz" ausgerichtet, an die er sich erinnern könne. Denn erstmals war ein Kommissar unter den Landeschefs.
Der Superlativ des Europäischen konnte allerdings nicht verhindern, dass die Länderchefs sich auch mit den Fährnissen des heimischen Föderalismus aus- einanderzusetzen hatten. Zum Beispiel mit dem Thema Kinder- und Jugendwohlfahrt. Geladen war Justiz- und Reformminister Josef Moser, der diesbezügliche Kompetenzen zentralisieren und damit einen Schritt in eine allgemeine Zuständigkeitsentflechtung tun möchte.
Verfassungsmehrheit
Eine Verfassungsmaterie also, die SPÖ machte ihre Zustimmung abhängig von einer sogenannten 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern. Diese wird es geben, Wien und Vorarlberg wurden beauftragt, ein entsprechendes Positionspapier zu erarbeiten. Niessl ist zuversichtlich, dass das am 6. Dezember ohne weitere Fisimatenten durch den Verfassungsausschuss gehen wird.
Breiten Raum widmeten die Landeshauptleute dem Facharbeitermangel. Neben der Aufwertung der Lehre bräuchte man, so Mikl-Leitner, auch eine Überarbeitung der Rot-Weiß-Rot-Card für Mangelberufe und eine Ausweitung für Lehrlinge. Die Lehrlingsausbildung sei deshalb auch verknüpft mit dem Asylwesen. Es müsse, forderte Wiens Michael Ludwig, mehr Brücken geben zwischen dem Asylweg und der Rot-Weiß-Rot-Card. Lehrlinge abzuschieben sei kontraproduktiv. Auch die überbetriebliche Lehrlingsausbildung solle forciert werden.
Die Entscheidung über humanitäres Bleiberecht solle zwar, anders als von Vorarlbergs Markus Wallner gewünscht, Bundessache bleiben. Die Länder appellieren aber einhellig an die Bundesregierung, diesbezüglich "höhere Sensibilität" walten zu lassen.
Hohes Sentimentalitätspotenzial gab es schon am Donnerstag. Da verabschiedete die zwar informelle, gleichwohl mächtige Runde ihren großen Alten, Wiens Michael Häupl. Hans Niessl überreichte ihm ein Bild des von Häupl seit langem geschätzten Malers Sepp Laubner. Nun ist Hans Niessl der große Alte in der Runde, der er viermal vorgesessen ist. Am 9. Jänner übergibt er in Klagenfurt an Peter Kaiser. (Wolfgang Weisgram, 23.11.2018)