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1,5 Millionen Araber leben als Minderheit in Israel – und verfügen dort über Freiheiten, von denen Araber in der arabischen Welt nur träumen können.

Foto: Reuters/AMMAR AWAD

John Bunzl nimmt die Konferenz "Europa jenseits von Antisemitismus und Antizionismus" zum Anlass, um auszubreiten, warum der jüdische Staat im Grunde selbst daran schuld sei, gehasst zu werden. (siehe "Das seltsame Verhältnis der Kurz-Regierung zu Israel")

Er ignoriert die aktuelle Forschung über den Israelhass, die heute dominante Form des Antisemitismus, und behauptet, Antizionismus habe damit nichts zu tun, sondern sei nur "die Ablehnung eines bestimmten politischen Projekts". Die schwammige Formulierung wählt er, weil die Parallele sonst deutlich würde: Wie Antisemiten ihren Hass unter allen Menschen auf eine besondere Gruppe, die Juden, konzentrieren, fokussieren Antizionisten ihre Feindschaft auf nur einen unter allen Staaten der Welt: den jüdischen.

Die Gründung Israels habe für die "einheimische Bevölkerung" – die Juden darunter unterschlägt er – bis heute "katastrophale" Folgen. Blickt man abseits ideologischer Scheuklappen auf die Realität, so stellt sich Israel als modernes, hochentwickeltes Land dar, in dem über 1,5 Millionen Araber als Minderheit leben, rechtlich aber völlig gleichgestellt sind und über Freiheiten verfügen, von denen Araber in der arabischen Welt nur träumen können.

Orientalische Juden

Bunzl schiebt die Verantwortung für die Konsequenzen der kriegerischen arabischen Politik, in deren Folge hunderttausende Araber zu Flüchtlingen wurden, Israel in die Schuhe. Dass es neben 22 arabischen Staaten, in denen das Leben für Minderheiten oft die Hölle ist, auch einen jüdischen Staat gibt, ist für ihn eine Katastrophe. Israel habe die Form einer "kolonialen Siedlerbewegung" angenommen.

Statt Argumenten hat Bunzl den Jargon antiimperialistischer und postkolonialer Ideologen zu bieten, in dem das jüdische Streben nach staatlicher Souveränität zu "kolonialer" Unterdrückung mutiert. Dazu muss er die hunderttausenden orientalischen Juden verschweigen, die nach Israel fliehen und dort ein neues Leben beginnen mussten – die Behauptung, Juden irakischer oder jemenitischer Herkunft würden in Israel ein "koloniales Siedlerprojekt" betreiben, würde kaum jemand ernst nehmen.

Gleichbehandlung

Bunzl wirft Israel "Ethnozentrismus" vor, weil das Nationalstaatsgesetz es als "Ethnokratie" definiere. Den normalen Umstand, dass in einem Nationalstaat nationale Selbstbestimmung der Mehrheitsbevölkerung vorbehalten bleibt, nutzt Bunzl zum weiteren Angriff auf die Legitimität des jüdischen Staates. Er sollte wissen, dass sich an der Gleichberechtigung aller israelischen Bürger, die in der israelischen Unabhängigkeitserklärung festgehalten und in einem der Grundgesetze festgeschrieben wurde, durch das neue Gesetz nichts geändert hat.

Bunzl beklagt die Beziehungen Israels zu rechtspopulistischen Parteien und Regierungen. Doch welche Alternativen hat das kleine, auf internationale Kontakte angewiesene Land? Wenn in Ländern wie Schweden mit einer Außenministerin Margot Wallström oder in Parteien wie der britischen Labour unter Jeremy Corbyn israelfeindliche Gesinnungsgenossen Bunzls das Sagen haben, ist es dann verwunderlich, dass Israel sich auf die Suche nach anderen Partnern macht? (Florian Markl, 25.11.2018)