Pamela Rendi-Wagner hat eine wesentliche Hürde genommen, sie wurde beim Parteitag mit knapp 98 Prozent zur ersten weiblichen Vorsitzenden der SPÖ gewählt. Sie war authentisch aufgeregt, und sie hat sich ehrlich über ihre Kür gefreut, beides gesteht man ihr zu.

Der Regierung hat sie es ordentlich reingesagt, mit ihrer eigenen Partei ist sie nachsichtig umgegangen – klar doch, sie wollte gewählt werden. Die Sexismusdebatte in den eigenen Reihen hätte deutlichere Worte vertragen, auch die vermeintlich starken Männer in der Partei, die sie von oben herab behandelt haben, hätten sich eine Zurechtweisung verdient. Dennoch: Rendi-Wagner hat ihr Publikum gut bedient und die Funktionäre abgeholt und mitgenommen.

Christian Kern hat sich in Würde verabschiedet. Andreas Schieder wurde ohne große Leidenschaft zum Spitzenkandidaten bei der EU-Wahl gewählt. Eine Parteireform wurde zusammengestutzt, aber beschlossen. Der Parteitag ist also brav erledigt worden.

Die Arbeit kommt erst: Die vorgetragene Leidenschaft ist noch nicht im Alltag der SPÖ angekommen. Wenn Rendi-Wagner vom Kanzler, vom Vizekanzler, vor allem aber von den Wählern ernst genommen werden will, muss sie laufen, und sie muss die SPÖ dazu bringen, mit ihr zu laufen. Nach den schönen Sprechblasen des Parteitags müsste jetzt die inhaltliche Ebene bedient werden. Für Oppositionsarbeit bietet diese Regierung genügend Anlass. (Michael Völker, 25.11.2018)