Wenn in Fabriken immer mehr autonome Roboter auftauchen, gewinnt der Themenkomplex Safety & Security rasant an Relevanz.

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Wien – Der Schutz von arbeitenden Menschen, im Englischen unter dem Schlagwort "Safety" zusammengefasst, ist schon in der analogen Welt ein komplexes Thema und durch eine Vielzahl an Normen und Vorschriften geregelt. Mit der Digitalisierung ist die Komplexität dieses Themas beinahe unüberschaubar geworden. Denn Unternehmen müssen, um die Safety-Vorschriften einzuhalten, auch die "IT-Sicherheit" – im Englischen unter "Security" zusammengefasst – mitdenken.

Am augenfälligsten wird das Themenfeld "Safety & Security", wenn in Fabriken immer mehr autonom fahrende Stapler oder Roboter auftauchen. Eine Arbeitserleichterung, keine Frage. Doch die mobilen Roboter müssen Fabrikshallen mit Menschen teilen – ohne dass es zu Unfällen kommt.

Neue autonome Robotersysteme werden des Öfteren entwickelt, ohne dass zuvor alle "Safety und Security"-Regelwerke gewälzt wurden. Das Ergebnis: selbstfahrende Fahrzeuge, die mehr schlecht als recht den Sicherheitsvorschriften entsprechen. Solche Vorgangsweisen seien zwar nachvollziehbar, meint Walter Wölfel, stellvertretender Studiengangsleiter für Wirtschaftsingenieurwesen an der FH Technikum Wien. "Alle aktuellen Normen und Vorschriften zu suchen kostet das, was man meist nicht hat: Zeit und Geld." Allerdings kann diese Vorgangsweise weitaus teurer kommen – etwa, wenn ein Unfall passiert.

Keine Zertifizierung für autonome KI

Ein Beispiel: Würden Programmierer schon Elemente aus der Künstlichen-Intelligenz-(KI)-Forschung einsetzen, um Roboter selbstständig den Weg durch die Fabrik finden zu lassen, würden sie keine TÜV-Zertifizierung erhalten. Denn eine aktuelle TÜV-Regel lautet, dass der Weg eines Fahrzeugs in der Fabrik immer vorhersagbar sein muss. Da die KI aber selbst entscheidet, gibt es keine Zertifizierung.

Solche Details sollte man wissen. Wer aber will schon das Studium der Normen auf sich nehmen? Mit dem Forschungsprojekt "Sicherheit in intelligenten Produktionsumgebungen" will Wölfel nun vor allem Klein- und Mittelbetrieben (KMUs) eine Anleitung bieten, um selbstfahrende Systeme schon von Anfang an so zu entwickeln, dass sie in der Fabrik auch tatsächlich allen Sicherheitsvorschriften entsprechen.

Richtige Sensoren

Da wären einmal die "Safety"-Regeln: Mobile Roboter müssen hinreichend mit den richtigen Sensoren ausgerüstet werden, damit sie Hindernisse erkennen. Sie müssen stoppen, wenn Menschen plötzlich auf den Fahrweg stürzen, brauchen "Schürzen", damit niemand überfahren wird. Autonome Roboter brauchen in Fabriken auch gekennzeichnete Fahrwege und optische Signale wie etwa Blinker.

Und natürlich müssen die mobilen Roboter autonom ihre vorgegebenen Routen durch die Fabrik finden. Eben nicht mit KI, sondern mit Magnetstreifen im Boden oder Indoor-GPS. Dabei ist dann freilich eine ganze Latte an Security-Auflagen zu beachten. Wie sicher etwa ist das WLAN? Können Hacker einbrechen und Schaden oder Schabernack anrichten? "Es ist leider noch immer so, dass viele mobile Roboter von außen mühelos gehackt werden können", sagt Wölfel.

Das Projekt, das von der Gemeinde Wien unterstützt wird, soll drei Jahre laufen. Damit die erarbeiteten Leitlinien auch wirklich praxistauglich sind, wird Wölfels Team in der FH-eigenen digitalen Fabrik selbst einen mobilen Roboter bauen. (nrt, 30.11.2018)