Am 1. September kenterte dieses Boot, die Sicherheitsbestimmungen werden nun überdacht.

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Wien/Hainburg – Das Kentern eines Bundesheer-Pionierboots auf der Donau bei Hainburg (Bezirk Bruck an der Leitha) am 1. September hätte verhindert werden können, wenn der Bootsführer nach dem Eintauchen des Bugs den Schub zurückgenommen hätte, geht aus dem am Mittwoch präsentierten Unfallbericht hervor. Weil die Geschwindigkeit nicht reduziert wurde, drangen über die Bugwelle pro Sekunde hunderte Liter Wasser ein.

Der Unfall war bei einem "Girls' Camp" des Bundesheers passiert. Das Pionierboot mit einem Unteroffizier als Steuermann war mit 13 Personen – acht Teilnehmerinnen der Veranstaltung und fünf Soldaten – besetzt. Zwei Frauen im Alter von 22 und 18 Jahren mussten reanimiert werden. Sie waren unter das 8,5 Meter lange, 2,5 Meter breite und 2,5 Tonnen schwer Arbeits- und Transportboot geraten und einem Zeitprotokoll der Untersuchungskommission zufolge erst 39 beziehungsweise 45 Minuten nach dem Kentern des Boots befreit worden.

Schub hätte reduziert werden müssen

Das Geschehen sei aufgrund des vorhandenen Videomaterials gut dokumentiert, sagte der Sachverständige Hermann Steffan bei einer Pressekonferenz im Verteidigungsministerium. Das Durchfahren der Heckwelle eines anderen Bundesheerboots mit mittlerer Gleitgeschwindigkeit sei unproblematisch gewesen. Doch durch die stärkere Bugbeladung und das Eintauchen sei massiv Wasser eingedrungen. Auch das wurde vom Gutachter als unbedenklich eingestuft.

Hätte der Bootsführer nun den Schub zurückgenommen, wäre der Bug wieder aufgetaucht, das Wasser am Heck abgeflossen oder durch die Lenzpumpen beseitigt worden. Da jedoch die Geschwindigkeit nicht reduziert wurde, schwappte die Bugwelle laut Steffan weiter ins Boot, pro Sekunde hunderte Liter.

Das Boot sei zum Zeitpunkt des Kenterns "fast voll" (mit Wasser) gewesen, sagte der Sachverständige. Es habe sich wohl um zwei Kubikmeter gehandelt. Aus Sicht des Gutachters ist "kein Fahrfehler von vorne hinein" vorgelegen. Letztlich habe es sich um eine "Verkettung von Faktoren" gehandelt. In die Ausbildung aufzunehmen sei künftig, dass Gas weggenommen werden müsse, "wenn der Bug unterschneidet". Hätte der Bootsführer auf Nullgeschwindigkeit reduziert, wäre nichts passiert, so Steffan.

Strafrechtliche Konsequenzen noch unklar

Laut Oberst Herbert Walzer von der Disziplinarabteilung des Bundesheers war das Pionierboot in eine Schräglage geraten, sodass "es vermutlich nicht mehr zu retten war" und Sekunden später kenterte. Das Fahrverhalten sei bis dahin als "unkritisch zu sehen".

Ob das Geschehen strafrechtliche Konsequenzen haben wird, sei nicht Aufgabe des Bundesheers, hieß es. Darüber habe die Staatsanwaltschaft Korneuburg zu entscheiden. Der 60-seitige Untersuchungsbericht soll so rasch wie möglich übermittelt werden. Die Staatsanwaltschaft solle ihn "noch in dieser Woche auf dem Tisch haben".

ORF

Klargestellt wurde, dass ein Notruf abzusetzen gewesen wäre, "wenn ein Boot kentert". Das werde sich in Zukunft "in den Vorschriften wiederfinden", kündigte Generalsekretär Wolfgang Baumann an.

Keine Auskunft über Gesundheitszustand

Den Angaben vom Mittwoch zufolge wurden drei Frauen etwa drei Minuten nach dem Unfall gerettet, die ebenfalls unter dem Boot eingeschlossen waren. Im Bugbereich habe sich eine Luftblase gebildet. Die Suche nach Vermissten sei "sofort" gestartet worden.

Die erst nach 39 beziehungsweise 45 Minuten befreiten Girls'-Camp-Teilnehmerinnen wurden vermutlich in den Heckbereich gedrückt. Ehe man sie habe retten können, hätten die Rettungswesten aufgestochen werden müssen. Seien Menschen unter einem Boot gefangen, könnten die Westen – aufgeblasen – auch problematisch sein, wie sich gezeigt habe.

Über den Gesundheitszustand der 18- und 22-Jährigen werde auf Wunsch der Angehörigen weiterhin keine Auskunft erteilt, sagte der Leiter der Personalsektion, Christian Kemperle. Baumann betonte, dass das Ministerium "alles tun" werde, um die beiden Familien zu unterstützen.

Veranstaltungen nun infrage gestellt

"Wir denken sehr nach, ob wir Veranstaltungen in dieser Art wieder durchführen", sagte Kemperle. Es werde jedenfalls eine Evaluierung geben. Zur Vermeidung derartiger Unfälle müssten "die Sicherheitsbestimmungen, die bis jetzt schon sehr hoch waren, für Fahrten im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit noch mehr erhöht werden", kündigte das Bundesheer an. (APA, 28.11.2018)