Justizminister Moser (ÖVP) zeigte sich vor dem U-Ausschuss gut gelaunt, sagte aber wenig Neues.

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Wien – Eigentlich gibt es in der BVT-Affäre keine Akteure mehr, die bislang nicht selbst angezeigt worden sind. Bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg werden diese Anzeigen gebündelt, wie Justizminister Josef Moser (ÖVP) aussagte. Die Liste der Angezeigten ist lang: Generalsekretär Peter Goldgruber, Staatsanwältin Ursula Schmudermayer, WKStA-Leiterin Ilse Vrabl-Sanda, Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), BVT-Beamte, Polizeibeamte und so weiter und so fort – für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Die Lawine an Anzeigen ist schon lange bekannt, sorgte am Mittwoch jedoch für zwei Konsequenzen. Erstens forderte Werner Amon, Fraktionsführer der ÖVP im BVT-Ausschuss, eine Suspendierung von Peter Goldgruber zu prüfen, da dieser als "Verdächtiger" geführt werde.

Verdächtig ist jeder Angezeigte, bei dem Ermittlungsschritte geprüft werden, die nächste Stufe wäre dann der "Beschuldigte". Gerade angesichts der strikten Amtsauslegung von Goldgruber, der auch nur bei entferntem Verdacht Personen von den Ermittlungen abschirmte – etwa Sicherheitsgeneraldirektorin Michaela Kardeis, die lediglich im Konvolut verleumdet wurde -, müssen an ihn selbst auch strenge Maßstäbe angelegt werden, sagt Amon.

Von einem angeblichen "Waffenstillstand" zwischen den Koalitionspartnern ÖVP und FPÖ war also nichts zu spüren, obwohl sich Amon am Tag zuvor bei der Befragung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) mit Ausnahme einer Frage enthalten hatte.

Auswirkungen hatten die Anzeigen zweitens auf die zweite Befragung des Tages. Denn um 13 Uhr war die fallführende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer zu Gast, übrigens zum insgesamt dritten Mal.

Wildschweine erlegen

Seit ihrem letzten Auftritt wird Schmudermayer jedoch ebenfalls als "Verdächtige" geführt, ihr wird auch eine Falschaussage im U-Ausschuss vorgeworfen. Deshalb wollte Schmudermayer großteils das Recht in Anspruch nehmen, ihre Aussage zu verweigern, um sich nicht potenziell selbst zu belasten. Das musste jedoch bei jeder Frage neu geklärt werden.

Überrascht zeigte sich die Staatsanwältin über die Informiertheit der Jetzt-Abgeordneten Alma Zadic, die nachfragte, ob das Verfahren gegen den ehemaligen Kabinettschef Michael Kloibmüller tatsächlich kurz vor der Einstellung stehe.

"Woher haben Sie diese Info?", fragte Schmudermayer, die sich inhaltlich zu dem Fall nicht äußerte. "Über noch nicht erlegte Wildschweine spricht man nicht", so die Staatsanwältin. Schmudermayer verteidigte ihre Ermittlungsschritte erneut; Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek, der die Handlungen der WKStA kritisiert hatte, attestierte sie eine Neigung zu einem "südlichen Charakter", gemeint waren damit emotionale Ausbrüche. Das war "nicht beleidigend gemeint", erklärte Schmudermayer dann.

Allerdings gab Schmudermayer an, dass sie von Mitarbeitern des Innenministeriums nicht über deren Kontakte zu Zeugen informiert worden war. Lett habe ihr "nicht erzählt", dass er vor der Vermittlung an die WKStA Zeugen teils mehrere Stunden lang getroffen hatte.

Auf die Frage, warum Schmudermayer bei der Vernehmung von Zeugen plötzlich nach Extremismusreferatsleiterin G. gefragt habe, konnte Schmudermayer keine Auskunft geben. "Ich weiß nicht, wie das zustande gekommen ist", sagte sie.

Während die Staatsanwältin weiterhin verneinte, Druck aus dem Innenministerium gespürt zu haben, wiederholte Justizminister Moser seine Einschätzung.

Moser spricht von Druck

So gab Moser an, dass es bei den Ermittlungen gegen BVT-Beamte "Druck von vielen Seiten" gegeben hatte; etwa auch durch Goldgrubers Mitarbeiter Udo Lett, der gedroht hatte, bald BVT-Mitarbeiter zu suspendieren, sollte die Staatsanwaltschaft keine Handlungen setzen. Kurz darauf kam es zur Hausdurchsuchung im BVT. Aber Druck gab es auch durch die mediale Berichterstattung und die dem Fall eigene Dynamik.

Abgesehen davon dürfte die Befragung von Justizminister Josef Moser keine großen Wellen schlagen. Er erneuerte großteils seine sanfte Kritik am Innenministerium und am Vorgehen der Staatsanwaltschaft, wobei er bereits vorhandene Motive aus früheren Pressekonferenzen, Auftritten im Parlament oder von seinem Generalsekretär Christian Pilnacek variierte.

Aus den Ermittlungen lasse sich jedenfalls Bedarf für Reformen ablesen, sagte Moser. Er schlug etwa vor, dass Journalrichtern künftig auch schriftlich Anträge vorgelegt werden. Außerdem solle in heikle Verfahren die Oberstaatsanwaltschaft eingebunden werden, damit es einen "Recheck" gibt. Diese Reformen könnten nach Abschluss des Untersuchungsausschusses umgesetzt werden. (Fabian Schmid, Lara Hagen, 29.11.2018)