Je mehr CBD in der Pflanze enthalten ist, desto weniger THC – und umgekehrt.

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Wien – Der Markt wächst rasant, das Geschäft mit Cannabidiol (CBD) floriert. Von Tropfen über Antifaltencreme bis zum Gleitgel reicht die Produktpalette. Für den Wiener Toxikologen Rainer Schmid werden vor allem Lifestyle-Produkte verkauft: "Es ist oft nicht klar, warum CBD drin ist", sagte der Experte am Mittwoch bei einer Veranstaltung der Wiener Sucht- und Drogenkoordination.

"CBD ist in fast allen Ländern der Welt legal. CBD ist nicht psychoaktiv wirksam. Wäre Cannabidiol in der Kamille drin, würde es den Hype nicht geben", betonte Schmid. Der Hanf-Inhaltsstoff Cannabidiol wurde erst in den 1960er-Jahren von israelischen Wissenschaftern – ähnlich dem Tetrahydrocannabinol (THC) – in seiner Struktur charakterisiert. Sortenwahl, Kulturart und Zucht der Pflanzen bestimmen wesentlich die Zusammensetzung der besonders in den Hanfblüten enthaltenen mehr als hundert Cannabinoide, von denen THC und CBD zu den wichtigsten gehören. "Ein hoher THC-Gehalt von 15 bis 25 Prozent bedeutet einen niedrigen CBD-Anteil von weniger als drei Prozent. Ein hoher CBD-Anteil von bis zu 20 Prozent wiederum bedeutet einen niedrigen THC-Anteil von weniger als einem Prozent", sagte Schmid.

Der Hype rund um CBD wäre ohne die Prohibition von Cannabis und Marihuana wohl gar nicht möglich. "Über Jahrzehnte hinweg ist Hanf in den USA massiv stigmatisiert worden. Seit 1937 war es dort de facto illegal", erzählte der Toxikologe. Sie sogenannte UN-Single Convention (illegale Drogen) aus dem Jahr 1961, welche die meisten Staaten der Erde – auch Österreich – unterzeichneten und ratifizierten, stellte schließlich THC auf die gleiche Stufe wie Heroin oder Kokain.

Hanf bringt mehr als Alkohol

"Anders als THC fällt CBD nicht unter die Kontrolle der Drogenkonventionen. Aber auf allen CBD-Produkten findet sich das Hanfblatt", sagte Schmid. Man suggeriere immer die Nähe zu THC. In den USA geht man seit einigen Jahren einen anderen Weg. Immer mehr Bundesstaaten (teil-)legalisieren THC. "2017 nahm der Bundesstaat Washington 315 Millionen Dollar (278 Millionen Euro) aus dem Cannabis-Sektor ein. An Alkoholsteuern waren es 93 Millionen Dollar (82 Millionen Euro)", stellte der Toxikologe die Situation dar.

Der Umsatz in den USA mit Cannabis-Produkten hätte im vergangenen Jahr rund sieben Milliarden Dollar (6,2 Milliarden Euro) ausgemacht, man rechne bis 2021 mit einem Anstieg auf 15 Milliarden Dollar (13,2 Milliarden Euro). "Warum lässt sich das Österreich entgehen? Die ideologische Spielerei in der Drogenpolitik kostet uns sehr viel Geld." So sei eben CBD zu einer Ausweich-Ideologie geworden. Möglicherweise werde es in Zukunft eine Rolle wie die Benzodiazepine in den 1950er-/1960er-Jahren oder die Antidepressiva (Prozac) in den 1990er-Jahren spielen. Dafür verantwortlich sein könnte seine leicht Angst lösende, entspannende und Schlaf fördernde Wirkung.

Fehlende Qualitätskontrolle

Für Schmid aber gibt es erhebliche Probleme im Umgang mit CBD: Es fehlt in Österreich – im Gegensatz zu den USA – eine Qualitätskontrolle. "Das ist ein Riesenproblem", sagte der Experte. Weder der Gehalt an den Inhaltsstoffen noch jener von Pestiziden, Herbiziden etc. ist für den Konsumenten ersichtlich. Oft müsse man den Verdacht äußern, dass sich die Käufer eine Wirkung nur einbilden könnten – und trotzdem gezahlt hätten.

Dem Experten zufolge gebe es noch eine weitere Gefahr: "Die meisten Produkte wie Tinkturen oder Öle stammen aus groben Hanf-Extrakten, die auch THC enthalten. Obwohl Konsumenten ein CBD-Produkt verwendet hätten, würde dann in Speichel- oder Bluttests THC auftauchen – und man sei in Österreich womöglich den Führerschein los. Im Endeffekt sei auch das die Folge der seit Jahrzehnten herrschenden Cannabis- und Marihuana-Kriminalisierung. Österreich hätte – im Gegensatz zu US-Bundesstaaten (und im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, Anm.) – auch noch keine Grenzwerte für THC im Straßenverkehr festgelegt. "Die Prohibition fügt Ihnen und Ihrem Umfeld einen erheblichen Schaden zu", stellte Schmid dar.

Medizinisch soll CBD in Zukunft für bestimmte Epilepsieformen bei Kindern zugelassen und verwendet werden. In der Schmerztherapie kommt es in Kombination mit Opioiden bei sonst nicht beherrschbaren Symptomen zum Einsatz. Aber regelrecht zugelassene CBD-Arzneimittel gibt es so gut wie nicht. – Womit wieder vieles beim ungeregelten Markt bleibt. (APA, red, 29.11.2018)