Will nur für "Ordnung und Struktur" sorgen, während die Asylkoordination vor einer Gefährdung des Kindeswohls warnt: Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ).

Foto: Robert Newald

Drasenhofen – Die Asylkoordination Österreich bezeichnet die von Niederösterreichs Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) vorgestellte Unterkunft in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) für auffällige minderjährige Flüchtlinge als "Straflager". Das Land verstoße mit der Internierung von Flüchtlingskindern gegen internationales Recht, lautet die Kritik, Kinderrechte würden mit Füßen getreten.

"Minderjährige Asylwerber werden über Anordnung des Landesrates in ein Quartier an der tschechischen Grenze gebracht und stehen dort quasi unter Hausarrest", sagte Anny Knapp, die Obfrau der Asylkoordination. Die Unterkunft sei "mitten im Nirgendwo" – mehr als zwei Kilometer außerhalb des Tausend-Einwohner-Ortes Drasenhofen – und "umzäunt".

Gartenbesuch nur mit Security

Ein Betroffener berichtete einer österreichischen Bezugsperson laut Asylkoordination über die Umstände seiner Unterbringung: Er dürfe sich nur im Haus frei bewegen und das Areal nicht verlassen. Nicht einmal Besorgungen, etwa Zigaretten zu kaufen, seien möglich. Selbst in den Garten zu gehen sei ohne Erlaubnis und Begleitung durch einen Security-Mitarbeiter verboten. Außer Kartenspielen gebe es keine Beschäftigungen im Haus.

Den Bewohnern sei auch verboten worden, mit einem TV-Team in Kontakt zu treten, das vor Ort recherchiert habe. Ein anderer Jugendlicher habe von maximal einer Stunde "Ausgang" am Tag berichtet. Die Asylkoordination dazu: "Das reicht nicht einmal, um zu Fuß in das Ortszentrum von Drasenhofen und zurück zu kommen. Ein Fußmarsch dauert laut Google Maps 33 Minuten in eine Richtung."

Es stelle sich die Frage, ob solche Bedingungen nicht den Tatbestand des rechtswidrigen Freiheitsentzugs erfüllen. Seitens der Asyl-NGOs und Bezugspersonen der Flüchtlinge überlege man, eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einzubringen.

Asylkoordination: "Kindeswohl gefährdet"

Die Asylkoordination stellte zudem fest, dass rechtlich für die Gruppe von jungen Menschen – laut Waldhäusl "unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit rechtskräftig negativem Asylbescheid" und Personen, "die in anderen Unterkünften als notorische Unruhestifter aufgefallen sind" – maximal eine Gebietsbeschränkung auf einen Verwaltungsbezirk möglich sei. "Eine De-facto-Internierung ist unter keinen Umständen gerechtfertigt."

An die Landesregierung erging daher seitens der Asylkoordination die Aufforderung, das Quartier umgehend zu schließen und die Jugendlichen zurück in ihre bisherigen Unterkünfte zu bringen. "Wir sehen das Kindeswohl in Drasenhofen massiv gefährdet", schrieb die Organisation. Die Kinder- und Jugendhilfe müsse "sofort einschreiten".

Waldhäusl: "Ordnung und Struktur"

Waldhäusl selbst erklärte am Donnerstag, es seien bisher 14 Personen in die Unterkunft in Drasenhofen eingezogen. Das Quartier befinde sich in Probebetrieb, es sei wichtig, Erfahrungswerte zu sammeln. Waldhäusl: "Immerhin ist es erstmalig, dass eine derartige Unterkunft installiert worden ist" – in drei beziehungsweise sechs Monaten würden diese Erkenntnisse "evaluiert".

Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen in Drasenhofen seien dazu gedacht, dass Konflikten der Asylwerber untereinander rascher begegnet werden könne. "Schließlich sind beispielsweise notorische und potenzielle Unruhestifter darunter, die schon in anderen Unterkünften anderen Mitbewohnern und Betreuern das Leben schwergemacht haben. Jugendliche eben, die zwar immer auf ihre Rechte gepocht, aber ihre Pflichten grob vernachlässigt haben", so Waldhäusl. "In Drasenhofen soll daher ein gewisses Maß an Ordnung und Struktur geboten werden, wie das ja auch bei unseren einheimischen, schwer erziehbaren Jugendlichen der Fall ist."

SPÖ: "Höchst unmenschlich"

Auch die Integrationssprecherin der SPÖ Niederösterreich, Kathrin Schindele, verurteilt die Art der Unterbringung "aufs Schärfste". Zwar habe auch für die SPÖ Sicherheit absolute Priorität, "jedoch hat auch die Wahrung der Menschenwürde eine große Bedeutung, und es steht außer Zweifel, dass eine derartige Internierung, wie wir sie derzeit in Drasenhofen vorfinden, höchst unmenschlich ist".

Die niederösterreichischen Sozialdemokraten hätten sich "gewünscht, dass den Jugendlichen, solange sie sich in Österreich aufhalten, eine Möglichkeit gegeben wird, einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen". Sie hinter einem Stacheldrahtzaun zu internieren widerspreche jeglicher Menschlichkeit und sei ein Armutszeugnis für das Bundesland.

Einem Online-Bericht des "Kurier" zufolge hat sich die niederösterreichische Kinder- und Jugendanwaltschaft bereits in den Fall eingeschaltet. "Wir überprüfen im Rahmen unserer rechtlichen Möglichkeiten", sagt Leiterin Gabriela Peterschofsky-Orange. "Was wir bis jetzt gehört haben, scheint es nicht den Kinderrechten zu entsprechen." Auch die Volksanwaltschaft teilte laut dem Online-Bericht mit, dass sie bereits eine Prüfung eingeleitet habe. (APA, 29.11.2018)