Peking – Nach der angeblichen Geburt der weltweit ersten genmanipulierten Babys hat die chinesische Regierung dem Forscher He Jiankui und seinen Mitarbeitern weitere Forschungsaktivitäten untersagt. Die von He berichteten Versuche seien "abscheulicher Natur" und verletzten chinesische Gesetze und die wissenschaftliche Ethik, sagte der stellvertretende Wissenschaftsminister Xu Nanping am Donnerstag der Nachrichtenagentur Xinhua.

Zuvor hatten sich bereits die Nationale Gesundheitsbehörde, die Chinesische Gesellschaft für Wissenschaft und Technologie (CAST) und die Southern University of Science and Technology, an der He tätig war, von dem Forscher distanziert. Die internationale Forschungsgemeinschaft hatte auf die Berichte seiner Experimente mit Besorgnis und Empörung reagiert.

Studiendesign seit 2017 online

Die Entrüstung auf chinesischer Seite kommt allerdings spät: Das Design der Studie war offenbar seit 2017 online im chinesischen Register für klinische Studien einsehbar. Über diese Seite kommt man weiter auf ein chinesisches Formular, welches offenbar das vom zuständigen Ethikkomitee genehmigte Protokoll als Plan für die Arbeiten enthält – mit Stempel versehen. He Jiankui hatte auch beteuert, immer wieder Fachkollegen – auch aus dem Ausland – in seine Arbeit miteinbezogen zu haben.

Der Forscher hatte zu Beginn der Woche in einem auf Youtube veröffentlichten Video die Geburt der ersten genmanipulierten Babys – Zwillingsschwestern – verkündet. Mithilfe der Genschere CRISPR/Cas9 habe He nach eigener Darstellung in den Embryonen einen Zellrezeptor deaktiviert, der bei der Infektion mit dem HI-Virus eine wichtige Rolle spielt. Eine unabhängige Bestätigung für die Behauptung gibt es bisher noch nicht. Experten bezweifeln den medizinischen Nutzen der Versuche und verweisen auf nicht abschätzbare gesundheitliche Risiken für die beiden Mädchen und deren potenzielle Nachkommen.

Genom-Chirurg He Jiankui erklärt den von ihm verantworteten Eingriff. Eine unabhängige Bestätigung dafür liegt noch nicht vor.
The He Lab

Weitere "potenzielle Schwangerschaft"

"Die aktuelle Situation, wie sie von den Medien berichtet wird, ist ein schwerwiegender Verstoß gegen nationale Gesetze, Vorschriften und ethische Richtlinien", sagte der Vizechef der Nationalen Gesundheitsbehörde, Zeng Yixin, am Donnerstag dem chinesischen Staatssender CCTV. Man werde entschlossen ermitteln, um den Anschuldigungen auf den Grund zu gehen, betonte er. Weil Wissenschaft und Technologie sich rasch entwickelten, sei es notwendig, "technische und ethische Normen" einzuhalten. Der Vorsitzende der Chinesischen Gesellschaft für Wissenschaft und Technologie (CAST), Huai Jinpeng, kündigte an, Hes Nominierung für einen nationalen Wissenschaftspreis zurückzunehmen.

Am Dienstag war He bei einem Genetik-Kongress in Hongkong erstmals seit Bekanntwerden seiner Experimente öffentlich aufgetreten und hatte seine Arbeit verteidigt. Er sei stolz darauf, dass zumindest eines der Babys dank des Eingriffs vor HIV-Infektionen geschützt sei und berichtete von einer weiteren "potenziellen Schwangerschaft" im Rahmen seiner Experimente. Bedauern äußerte er lediglich in Hinblick auf die chaotische Veröffentlichung seiner Forschung, die anders geplant gewesen sei.

He Jiankui spricht beim "Second International Summit on Human Genome Editing" in Hongkong über seine Experimente.
Marcus Anhäuser

Vorgehen verurteilt

Nach Abschluss des Kongresses verurteilten die Organisatoren der Konferenz die Experimente als "unverantwortlich". Es sei zu früh, um Änderungen an der DNA vorzunehmen, die an zukünftige Generationen vererbt werden könnten, hieß es in der am Donnerstag veröffentlichten Erklärung. Die von He aufgestellten Behauptungen seien "zutiefst beunruhigend". (red, APA, 29.11.2018)