Kanzler Kurz am Cover der europäischen Ausgabe des US-Magazins "Time".

Foto: Time Magazin

Washington/Wien – "Newsweek" im Oktober, nun "Time": Sebastian Kurz (ÖVP) ziert wieder das Cover eines renommierten US-Magazins. Titel: "Österreichs junger Bundeskanzler bringt die Rechtsextremen in den Mainstream." Kurz, so heißt es in der aktuellen Europaausgabe des Nachrichtenmagazins, habe erkannt, dass die Ausgrenzung der Rechtsextremen in Europa nicht dazu geführt habe, diese zu stoppen.

Daher habe er mit der "von reuelosen Nationalsozialisten" nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten FPÖ, die aber auch Neonazi-Elemente in ihren Reihen habe, eine Koalition gebildet. Kurz habe es nämlich verstanden, die brennendsten Themen Europas wie "Identität, Islam and Immigration" für seine Zwecke zu vereinnahmen. "Time" erzählt in Folge über den Aufstieg des ÖVP-Jungpolitikers, der durch die "Schließung der Balkanroute" zum "Nationalhelden" im ländlichen Bereich Österreichs geworden sei.

Sobotka: "Wir sind keine Pädagogen"

Allerdings sei es Kurz wohl nicht daran gelegen, "seine Partner auf der rechten Seite" zu mäßigen oder "zumindest ihre dunklen Instinkte zu kontrollieren". Das sei niemals seine Absicht gewesen, analysierte "Time" nach Gesprächen im Umfeld des Kanzlers. "Man geht keine Koalition ein, um seine Partner zu ändern", wird Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zitiert. Nachsatz: "Wir sind keine Pädagogen."

Kurz selbst wird in dem "Time"-Bericht, der seine politische Entwicklung ausführlich zusammenfasst, auch mit folgendem Satz präsentiert: "Ob du es magst oder nicht, letztlich entscheidet das Volk." Der Einwurf der US-Journalisten, dass auch NS-Diktator Adolf Hitler legitim vom Volk an die Macht gebracht worden sei, habe die Stimmung von Kurz während des Interviews "verdunkelt": "Wir sollten bei solchen Vergleichen vorsichtig sein. Was wir damals hatten, war keine funktionierende Demokratie."

Die Volkspartei ist auf ihrem Twitter-Account nicht unzufrieden mit dem Bericht – und das obwohl er äußerst kritisch ist.

Titelbilder mit Österreichern gab es am Cover von "Time" in den vergangenen Jahrzehnten bereits mehrmals: Im September 2016 waren dort der damalige FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache abgebildet. Unter dem Titel "The New Faces of the Right" (Die neuen Gesichter der Rechten) waren die beiden bei einem Wahlkampfauftritt zur Bundespräsidentenwahl zu sehen.

Rechtsdrift des Kontinents

Im Blattinneren widmete sich "Time" Europas rechtspopulistischen Bewegungen. Österreich stehe dabei exemplarisch für die Rechtsdrift des Kontinents infolge von Flüchtlingsbewegungen und nationalistischen Strömungen. Das Heimatland von Adolf Hitler sei als erstes westeuropäisches Land seit dem Fall von Nazi-Deutschland dabei, einen extrem rechts stehenden Präsidenten zu wählen, urteilte "Time" damals.

Bereits in den 1990er- und beginnenden 2000er-Jahren war in "Time" mehrmals die Rede davon, dass Österreich nach rechts "kippe". So prangte auch der damalige FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider auf dem Titelblatt. Aber auch Ski-Ass Leonhard Stock stand bei "Time" einmal "auf dem Stockerl". Sein Sieg in der Olympiaabfahrt von Lake Placid war dem Magazin im Februar 1980 eine Titelgeschichte wert. Sie hieß völlig unpolitisch "Draufgänger auf Skiern" ... (APA, 29.11.2018)