Die Rasanz ihrer Entwicklung hat Stephanie Venier selbst überrascht. Bei der Ski-WM 2017 in St. Moritz erlebte die Tirolerin eine Sternstunde, als sie die Silbermedaille in der Abfahrt holte. In suboptimalen Momenten, wenn es nicht nach Wunsch läuft, erinnert sie sich gerne zurück.

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Für Stephanie Venier ist es völlig normal, sich immer wieder zu überwinden. Sie ist damit aufgewachsen – direkt neben einem Skilift in Oberperfuss nahe Innsbruck. Im Winter ging's Tag für Tag auf die Piste. "Für mich wäre es eine Überwindung, im Büro zu sitzen", sagt die Tirolerin, die auch gern am Bungeeseil von Brücken springt und mit dem Mountainbike bolzt. Sie hat von Haus aus einen niedrigen Puls, und der steigert sich auch in Ex-tremsituationen nur minimal. "Die Geschwindigkeit und der Adrenalinkick taugen mir." Ihr Motto: "Nur wer sich traut, kann etwas erreichen."

Erfolgsmomente

Einiges hat die 24-Jährige bereits geschafft. 2013 schrieb sie im Super-G von Beaver Creek als 27. erstmals im Weltcup an, 2015 verbuchte sie bei der Abfahrt in Lake Louise, wo auch dieses Wochenende die Speedsaison der Damen mit zwei Abfahrten (Freitag, Samstag 20.30 Uhr) und einem Super-G (Sonntag, 19 Uhr) anhebt, als Zehnte den ersten Top-10-Platz. 2017 bestieg sie im Super-G von Garmisch-Partenkirchen als Zweite hinter der Schweizerin Lara Gut ihr erstes Podest.

Großer Moment für Stephanie Venier bei der WM in St. Moritz 2017, als sie sich in der Abfahrt nur der Slowenin Ilka Stuhec (Mitte) geschlagen geben musste und schneller war als Lindsey Vonn (re.).
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Die Sensation folgte bei der WM 2017 in St. Moritz, wo Venier erst nach Trainerentscheid statt Anna Veith ins ÖSV-Aufgebot für die Abfahrt rutschte, sich im Rennen allein der Slowenin Ilka Stuhec geschlagen geben musste und die US-Amerikanerin Lindsey Vonn auf Rang drei verwies. "Dass es so schnell geht, damit habe ich nicht gerechnet, auch wenn ich intuitiv schon gewusst habe, dass ich es draufhabe. Das sind Momente, an die man denkt, wenn es mal nicht so läuft." Der Kopf sei das Hauptproblem. "Die mentale Stärke macht's aus, Skifahren kann jeder."

Chance zur Präsentation

Zudem müsse man sich mit Social Media befassen. Sie nimmt das Zur-Schau-Stellen locker, sieht darin eine Möglichkeit, sich gut zu präsentieren. "Ich poste viel. Man kann als Person den Leuten gut vermitteln, wer man ist und was man tut." Allerdings würden junge Menschen dazu neigen, nur das schöne Leben zu zeigen. "Aber es ist nicht immer alles schön und lässig. Geht es einem total schlecht, dann hat man eh keinen Bock auf irgendwas." Das Klima im Team sei gut. "Das passt." Das Drumherum passe auch.

Lauter wird Venier nur, wenn ihr etwas Unangebrachtes widerfährt. Es komme vor, dass jemand spontan einen Arm um sie lege und ein Foto mit ihr machen wolle. "Damit muss man umgehen lernen." Es sei aber ein ungutes Gefühl, von einem Fremden berührt zu werden. "Wenn es einmal nicht passen sollte, sage ich klipp und klar Nein." Die #MeToo-Debatte verfolgt sie nicht. "Wenn es dich nicht betrifft, interessierst du dich nicht dafür." Wirklich belästigt, sagt sie, sei sie noch nicht worden.

Styling-Beratung

Fasziniert hat Venier die vom ÖSV bereits vor zwei Jahren initiierte Styling-Beratung. "Ich schminke mich ohnehin gern, habe das als neuen Input gesehen. Mir hat es gefallen." Sie hat auch nichts dagegen einzuwenden, wenn von Frauen im Skisport erwartet werde, dass sie mehr als früher auf ihr äußeres Erscheinungsbild achten. "Skifahren ist mein Job. Und wenn ich ins Büro arbeiten gehen würde, würde ich mich auch herrichten und schön anziehen. Wieso soll ich mich beim Skifahren nicht schminken? Wir haben ja auch Interviews und präsentieren uns so der Öffentlichkeit. Ich finde das schon wichtig."

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Venier beim Speed-Training in Lake Louise.
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Das Wichtigste sei aber, "dass man Spaß hat bei dem, was man macht. Wenn dann auch noch die Ergebnisse kommen, dann passt es." Sie wolle künftig mehr Medaillen sammeln und im Weltcup konstant vorn dabei sein. "Ich lebe im Hier und Jetzt, weiß, was auf dem Plan steht." (Thomas Hirner, 30.11.2018)