Es gibt kaum ein Thema, das von Philosophen nicht beackert wird. Egal ob soziale Strukturen, physikalische Gesetze oder moralische Wahrheiten. Vor mehr als 2400 Jahren etwa fragten sich Sokrates und seine Schüler bereits, wie ein Staatswesen zu organisieren sei oder wie ein gutes Leben aussieht.

Umso erstaunlicher, dass etwas ganz Alltägliches und Vertrautes wie das Geld bis heute relativ wenig Beachtung von der Philosophenzunft bekommen hat. Einen Eintrag mit dem Titel "Money" sucht man in der renommierten Stanford Encyclopedia of Philosophy, dem wichtigsten Online-Nachschlagewerk für Philosophen, beispielsweise vergebens. Dennoch finden sich immer wieder, wenn auch versteckt in den Untiefen philosophischer Klassiker, Überlegungen zum Geld – sehr oft in Kombination mit moralischen Überlegungen.

Geld kann alles sein. Es gibt Papier, das wie Geld aussieht, aber keines ist. Monopolyscheine zum Beispiel, oder Falschgeld. Es gibt Dinge, die wir als Zigaretten, Muscheln oder Federn kennen, aber mancherorts als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Und dann gibt es noch immaterielles Geld, das auf Bankkonten liegt oder in Bitcoin-Wallets verzeichnet ist. Ob Geld in Form von Edelmetall, Papier oder anderen Gütern daherkommt, ist nebensächlich. Es muss nur akzeptiert werden.

Was Aristoteles über Geld sagt, wurde und wird von vielen fraglos geteilt. Etwa von Adam Smith, dem Ahnherrn der modernen Ökonomie. Geld ist demnach entstanden, um Güter im Wert vergleichbar zu machen. Anders gesagt: Der Weinbauer kann vom Bäcker auch dann ein Brot kaufen, wenn er außer Geld nur Waren anbieten kann, die mehr wert sind als das Brot. Der Tausch der Waren kann dann sogar zeitversetzt stattfinden. Ein Gut wird gegen Geld verkauft, nur um in der Zukunft ein anderes dafür zu erwerben.

Moderne Wirtschaftsstrukturen, wie sie Smith beschreibt, würden den alten Griechen jedoch mit Grauen erfüllen. Denn jegliches Gewinnstreben im Handel ist laut Aristoteles verwerflich. So einleuchtend der Zweck von Geld als Maßeinheit für Tauschwert ist: In der modernen Ökonomie findet ein Tausch dann statt, wenn der Nutzen für jeden Beteiligten die Kosten des Tausches übersteigt.

Laut Aristoteles darf ein Tausch jedoch nicht dem Gewinnstreben dienen. Billig einkaufen und teuer weiterverkaufen nennt der alte Grieche als moralisch verwerfliches Beispiel. Und auch den Geldverleih gegen Zinsen.

Aristoteles Bemerkungen zu Geld finden sich in seinen Schriften zur Politik und Ethik. Und auch Smith, der im 18. Jahrhundert schrieb, touchiert das Thema im Rahmen seines Hauptwerks "The Wealth of Nations".

Nicolaus Oresmius, ein französischer Gelehrter und im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts Bischof von Lisieux, war einer der Ersten, die dem Geld oder eher der Münze einen eigenen Traktat widmeten. In "De Moneta" befasst er sich mit der Frage, wem Geld gehört: dem Staat, der es bereitstellt? Oder der Allgemeinheit?

Für Oresmius, einen ausgewiesenen Aristoteles-Kenner, ist die Stabilität der Währung das Wichtigste. Dem Fürsten steht nicht zu, ohne gewichtigen Grund in die Währung einzugreifen. Er darf sein Konterfei auf die Münze prägen, wenn bisher sein Vorgänger das Zahlungsmittel zierte. Aber er darf laut Oresmius nicht Zusammensetzung, Form und Wert der Münzen ändern. Und zwar deshalb, weil Geld als Tauschmittel denen gehört, die die getauschten Waren besitzen – also der Allgemeinheit.

Der Wert von Edelmetallen war zu Oresmius' Zeit relativ stabil. Bis zur ersten großen Inflation der Weltgeschichte dauerte es bis ins 16. Jahrhundert, als Spanien massiv Edelmetalle aus Südamerika importierte. Allerdings stellte Oresmius fest, dass in Ländern mit zwei Währungen diejenige verdrängt wird, die mehr wert ist. Die wertvollen Münzen werden eingesackt, die weniger wertvollen für Geschäfte verwendet.

Friedrich August von Hayek begrüßte dies. Der österreichische Ökonom und Philosph (1899- 1992) sprach sich für einen Markt der Währungen aus. Private sollten demnach Geld ausgeben dürfen, der Markt würde dafür sorgen, dass die Währungen mit der größten Wertstabilität am Markt überleben würden.

Milton Friedman, ein wichtiger Vertreter des Monetarismus, stand diesem Vorschlag kritisch gegenüber. Nichts würde Private daran hindern, Dinge gegen ein alternatives Zahlungsmittel zu tauschen, wenn dieses von beiden Parteien akzeptiert wird.

Kryptowährungen wie Bitcoin sind ein modernes Beispiel für alternative Zahlungsmittel. Die Kursschwankungen des digitalen Geldes zeigen jedoch, dass das Vertrauen in die Währung schnell kippen kann. Vertrauen ist es, was Dinge zu akzeptierten Zahlungsmitteln macht. Und nichts schafft mehr Vertrauen als staatliche Garantie – zumindest wenn man dem Staat vertrauen kann. (Aloysius Widmann, Portfolio, 2018)


Monetäre Philosophen


Xenophon, Universalgelehrter und Politiker 430–355 v. Chr.

Xenophons "Oikonomikos" handelt in erster Linie vom Hauswirtschaften und nicht von Geld. In dem dialogischen Werk, das zu den frühesten ökonomischen Schriften gehört, unterhalten sich Sokrates und Kritobulos über Reichtum, Religion und Landwirtschaft. Sokrates räumt dabei mit der Vorstellung auf, dass Geld zugleich Reichtum sei. Demnach sei Reichtum das, wovon Menschen profitieren würden, und jemand, der Geld zu seinem eigenen Schaden einsetzt, reicher, wenn er keines hat. Xenophon war wie Platon ein Schüler des Sokrates.

Aristoteles Universalgelehrter, 384-322 v. Chr.

Der berühmteste Schüler Platons und Lehrmeister Alexanders des Großen beschrieb Geld als Tauschmittel. Die einfachste Form des Tausches sei es, ein Gut gegen ein anderes zu tauschen. Geld macht es möglich, dies zeitversetzt zu tun: Ein Gut wird gegen Geld getauscht, Geld gegen ein anderes Gut. Geld habe sich mit der Zeit jedoch verselbstständigt. Nicht nur wird es eingesetzt, um Waren, die man selbst gar nicht braucht, an zuschaffen und gewinnbringend weiterzuverkaufen. Selbst mit dem Verleih von Geld wird Geld gemacht. Ob ein Geschäft ethisch ist, hängt für Aristoteles davon ab, welchem Zweck es dient. Gütertausch, egal ob unmittelbar oder zeitversetzt, dient der Befriedigung von Bedürfnissen und ist demnach unproblematisch. Sind Geschäfte bloß durch Gewinnstreben motiviert, sind sie für Aristotelesverwerflich.

OresmiusGeistlicher, 1330–1382

Nikolaus Oresmius’ Traktat "De Moneta" dreht sich um die Frage, wie Geldwertstabilität garantiert wird. Das Problem von Währungen: Das Geld gehört als Tauschmittel zwar der Öffentlichkeit, wird aber vom Fürsten geprägt. Wer einen Staat leitet, hat so die Möglichkeit, Legierung, Gewicht oder Prägung der Währung zu ändern. Das kann zum eigenen Vorteil eingesetzt werden, etwa indem der Fürst eine neue Währung schafft, die alte für ungültig erklärt. Änderungen bei Prägung, Bewertung oder Zusammensetzung sind für Oresmius nur in wenigen Fällen zulässig. Der höchste Wert ist für ihn Stabilität.

Adam Smith, Professor für Moralphilosophie, 1723-1790

Arbeitsteiligkeit macht, dass jeder in gewisser Weise ein Händler ist, schreibt der Ahnherr der Ökonomie, Adam Smith. Denn was man selbst produziert, konsumiert man in der Regel nur zu einem kleinen Teil. Geld macht Tausch auch dann möglich, wenn man gerade nicht anbieten kann, was der andere braucht. Deshalb ist für Smith Edelmetall das geeignetste Zahlungsmittel: Es ist knapp, teilbar und wird nur selten in der Produktion von Gütern eingesetzt.

Karl Marx, Philosoph, 1818–1883

Geld ist für Karl Marx eine Ware, in der sich der Wert anderer Waren ausdrücken lässt. Der Wert einer Ware bemisst sich für Marx an der Arbeit, die in ihre Produktion gesteckt wurde. Wer arbeitet, muss demnach seine materiellen Bedürfnisse befriedigen können. Insofern bestimmt die Arbeit, die in die Produktion von Geld – zu Marx’ Zeit waren Geldscheine durch Edelmetall gedeckt – fließt, den Wert des Geldes.

Georg Simmel, Philosoph, 1858-1918

Georg Simmel nähert sich dem Geld aus kulturphilosophischer Perspektive. "Keine Zeile dieser Unter suchung ist nationalökonomisch gemeint", schreibt er in der Vorrede zu seinem Werk, in dem er Geld als kulturelles Symbol untersucht.Zum einen, schreibt Simmel, ist Geld ein Symbol für den Tauschwert von Waren. Zum anderen symbolisiert Geld die sozialen Beziehungen von Menschen.

Milton Friedman, Ökonom, 1912–2006

Egal ob Edelmetall, Tabak oder Muscheln: Ob etwas Geld ist, hängt davon ab, ob es im Tausch gegen Waren akzeptiert wird. Wichtig ist für Milton Friedman, den wichtigsten Exponenten des Monetarismus, wie viel Geld im Umlauf ist. Steigt die Geldmenge, steigen die Preise. Demnach kommt der Notenbank eine zentrale politische Stellung zu. Über die Geldmenge können Preise beeinflusst werden, somit kann auf wirtschaftliche Entwicklungen reagiert werden.