Der Schneemann ist für Urlauber das Tüpfelchen auf dem i. Männlich, weiblich, freundlich oder nicht, wen kümmert das? Ohne freundliche Bedienung geht dagegen nicht viel.

Foto: Imago/Steffen Schellhorn

Ob schön romantisch vom Himmel oder ganz pragmatisch aus der Kanone: Der Schnee ist da. Kaum zogen die Touristiker Bilanz über das erfolgreiche Sommerhalbjahr, geht es in den Skigebieten los. Nicht ohne die bekannte Begleitmusik. Die Branche sucht händeringend Personal. Köche, Kellner, Mitarbeiter in den Skiverleihstationen, helfende Hände für die Wellnessoasen der Hotels: Wohin man schaue, herrsche Mangel, so erzählen es die Branchenvertreter. 9000 Stellen konnten im Oktober in der Gastronomie und Hotellerie nicht besetzt werden.

Schwindendes Interesse

Klaus Enengl überrascht das nicht. Nicht nur in den Skihochburgen im Westen fehle es an Kräften – auch im Salzkammergut sei die Lage prekär. Enengl weiß das am besten. Er sitzt als Direktor der Tourismusschulen in Bad Ischl an einer der Quellen zukünftiger Arbeitskräfte. Und die fehlen schon länger: "Seit drei Jahren rufen Betriebe bei uns an und fragen, ob wir jemand haben." Eintausend Schüler zählte die Ausbildungsstätte 1990, heute sind es 400. Dies habe nicht nur mit den geburtenschwachen Jahrgängen zu tun, sondern auch mit dem Umstand, "dass die Leute nicht mehr im Tourismus arbeiten wollen. Jeder möchte bedient werden, aber bedienen möchte keiner mehr", so Enengl. Am Wochenende oder an Abenden arbeiten, Überstunden machen, das sei einfach nicht mehr attraktiv. Zumindest für Österreicher.

Neue Konzepte

Was er auch sagt: Die Betriebe hätten die Zeichen der Zeit erkannt und bereits reagiert. "Viele bieten mittlerweile eine Fünftagewoche an, kaum jemand zahlt nicht über dem Kollektivvertrag." Man arbeite vielerorts am Betriebskonzept. Eine Entwicklung, die sich auch in den vom Mangel besonders betroffenen westlichen Bundesländern beobachten lässt. Denn was die Ausweitung der Kontingente für Saisonarbeitskräfte anbelange, hätten die Unternehmer längst resigniert, sagt Harald Furtner, Spartengeschäftsführer in der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Es liegen heuer zehn Prozent weniger Anträge auf Kontingente vor. Immer mehr Betriebe würden versuchen, stattdessen Stammpersonal aufzubauen, und auf Ganzjahresbetrieb umstellen, so Furtner. Und das auch mit Erfolg.

Zwar bleibe die Lage angespannt, aber der Druck sei geringer als vor früheren Wintersaisonen, so der Kammerfunktionär. Auch in Tirol denkt mancher um. Der Hotelier Stephan Beck aus Igls hat auf die alljährliche Suche nach Arbeitskräften reagiert und seine Häuser von Saison- auf Ganzjahresbetriebe umgestellt. Die Situation habe sich enorm verbessert. "Jedes Jahr für ein paar Monate Leute aus dem Osten zu holen ist einfach nicht mehr zeitgemäß", sagt der Hotelier. Wobei ihm klar sei, dass dies gerade für Betriebe in den Seitentälern nur schwer möglich sei.

Anders als in Vorarlberg habe sich die Situation ingesamt abeer nicht entspannt, sagt Thomas Geiger von der Wirtschaftskammer Tirol: "Grundsätzlich suchen wir alle noch." Die meisten Mitarbeiter, die in der kommenden Saison in Tirol werken, werden seiner Einschätzung nach aus Österreich kommen. Stark zugelegt habe der Anteil der Ungarn, sie hätten die Deutschen zahlenmäßig überholt. Dazu kämen Arbeitnehmer aus Osteuropa und dem Balkan.

Hinaus in die Welt

Eine Entwicklung, die kaum zu stoppen ist, sagt Schuldirektor Enengl, denn seine Absolventen hält es nur zu einem Drittel in der heimischen Branche. "Manche gehen in die Schweiz – dort sind die Verdienstmöglichkeiten fast doppelt so hoch -, in ein anderes Land, um die Sprachkenntnisse zu vervollständigen, oder auf ein Schiff." Auch im Salzkammergut könne man davon ein Lied singen – mit Wehmut. Tüchtig seien die vielen Kräfte aus Ungarn und der Slowakei sehr wohl. Aber von deutschen Gästen bekomme man zu hören: "Der Charme der Österreicher geht uns ab." Gudrun Peter lässt das so nicht stehen. Ihr Haus mit 140 Mitarbeitern, das Weisse Rössl am Wolfgangsee, empfange Gäste aus aller Welt. Auch die Mitarbeiter kämen schon lange aus anderen Ländern, Anfang der 1990er-Jahre aus dem ehemaligen Jugoslawien, später aus Portugal, dann aus der Türkei. Ein Problem sieht sie darin nicht. Sprachlich müsse man ohnehin improvisieren. Die zunehmende Zahl der asiatischen Gäste würde selten Englisch sprechen. "Da wird dann die Übersetzung am Smartphone hergezeigt."

Auch wenn sie immer wieder Kräfte sucht – in das allgemeine Wehklagen mag sie nicht einstimmen. Man komme den Mitarbeitern mit verschiedensten Teilzeitmodellen entgegen, überlege sich mit anderen Betrieben attraktive Angebote wie Schifffahrten oder Skitouren. Umgekehrt kommt Peter die Neuregelung des Zwölfstundentags entgegen. Für Ausnahmen sei das unerlässlich, wie die Chefin des Traditionshauses sagt:"Wie sollen wir sonst Silvesterabende anbieten?" Die Regel sei das nicht. Nur ausgeruhte Mitarbeiter könnten die Werte des Hauses vertreten.

Schwarze Schafe in der Branche

Ordentliche Quartiere, korrekt bezahlte Überstunden: Die Betriebe hätten erkannt, dass sie, wenn sie Österreicher wollen, Zugeständnisse machen müssen, ist der Ischler Direktor Enengl überzeugt. Es seien vor allem schwarze Schafe, die den Ruf der Branche ruinieren, indem sie sogar das dem Personal zustehende Trinkgeld selbst kassieren. Ob das tatsächlich so ist, wird sich besonders hinsichtlich der Zwölfstundenregelung weisen. Heimo Typplt von der Salzburger AK berichtet – wie Kollegen in anderen Bundesländern auch – von einigen Fällen, in denen aus dem Prinzip Freiwilligkeit bei der Ableistung von Überstunden Verpflichtung wurde. Außerdem erhalte man Woche für Woche dutzende Anrufe verunsicherter Menschen, die auch vom "sanften Druck" des Chefs berichten.

Abgerechnet werde aber nach der Saison. "Wir gehen davon aus, dass es im Frühjahr 2019 zu den ersten Kündigungen beziehungsweise Entlassungen wegen der Weigerung, Überstunden bis zu einem Ausmaß von zwölf Stunden zu leisten, kommen wird." (jub, ars, neu, rebu, 1.12.2018)