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Als ob nichts wäre: Mohammed bin Salman und Wladimir Putin mimten in Buenos Aires gute Laune.

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Donald Trump, in der ersten Reihe, aber nicht im Zentrum.

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Ein Blick in den Sitzungssaal.

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Es ist so eine Sache mit großen internationalen Zusammenkünften von Staats- und Regierungschefs: Sie behandeln selten die Agenda, die teils Monate zuvor festgelegt und dann akribisch vorbereitet wird. Das war beim G20-Treffen in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires nicht anders : "Faire und nachhaltige Entwicklung" lautete das Motto. Auch die Beziehung zu Afrika, Geschlechtergerechtigkeit, Migration und der Kampf gegen Infektionskrankheiten standen auf der Agenda. Debattiert wurde dann weniger über die chancenreiche Zukunft als vielmehr über die akuten Krisen der Gegenwart.

Ukraine-Russland-Konflikt

Einer konnte sich bei seinem Erscheinen in Buenos Aires größter Aufmerksamkeit sicher sein: Russlands Präsident Wladimir Putin. Seitdem die russische Marine ukrainische Schiffe im Asowschen Meer aufgebracht und Soldaten gefangen genommen hatte, gilt der Konflikt zwischen Moskau und Kiew wieder als akut. Ein am Rande des G20-Gipfels geplantes bilaterales Gespräch von US-Präsident Donald Trump mit Putin wurde vom Weißen Haus wegen Moskaus Aggression kurzerhand abgesagt. Das bestätigte Trump am Freitag auch direkt und unverblümt: "Das war der einzige Grund für die Absage." Tatsächlich gab es zwischen den beiden Staatsmännern im Zuge der Begrüßungszeremonie nur kurzen Augenkontakt.

Keinen Rückzieher wollte hingegen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel machen, die wegen eines Defekts ihrer Regierungsmaschine verspätet in Argentinien ankam: Sie wollte mit Putin direkt über die Krise zwischen Moskau und Kiew sprechen, die seit fast fünf Jahren andauert. Von der EU, in Buenos Aires vertreten durch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk, war hingegen auch weiter keine verschärfte Rhetorik, geschweige denn Sanktionen, zu erwarten.

Kronprinz unter Druck

Der zweite Protagonist, der in Buenos Aires scharf beobachtet wurde, war der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, genannt MbS. Seit zwei Monaten steht er in der massiven Kritik des Auslands für seine mutmaßliche Verantwortung im Mordfall des Journalisten Jamal Khashoggi. Diese lässt er bisher an sich abprallen. So quittierte er kritische Worte des französischen Staatschefs Emmanuel Macron am Freitagabend mit einem lapidaren "Das ist okay, das halte ich aus". Auch Theresa May erklärte, sich "klare Worte" für ihr Gespräch mit dem Kronprinzen zurechtgelegt zu haben.

Beim "Familienfoto" der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des G20-Treffens stand MbS ganz auf der Seite – fast so, als ob niemand mit ihm zu tun haben wollte. Bloß Putin schien sich mit ihm bestens zu verstehen – kumpelhafte Begrüßung und Lachen inklusive.

In den Hintergrund wurde der Jemen-Krieg gedrängt, in dem auch Riad mitmischt und der mit Millionen Betroffenen zu einer der größten humanitären Katastrophen der Gegenwart wurde.

Diffizile Schlusserklärung

Von jenen Akteuren, die sich dann schließlich doch um die G20-Agenda zu kümmern hatten, den mitgereisten Diplomaten, kamen am Freitag nur sehr zurückhaltende Signale: Bei den Themen Handel, Klimawandel und Migration schien es zunächst unmöglich, konstruktive Fortschritte zu erzielen. Die Nacht auf Samstag schickte sich für die Verhandler an, eine sehr lange zu werden.

Da klang es fast schon wie eine Erfolgsmeldung, als es plötzlich hieß, dass es im Handelsstreit zwischen China und den USA zwar noch keinen Durchbruch, aber doch eine Annäherung geben könnte. Dabei stand das Thema gar nicht auf der Tagesordnung.

Friedliche Proteste

Mehrere tausend Menschen haben am Freitag in Buenos Aires gegen den G-20-Gipfel protestiert. Die friedliche Kundgebung gegen das Treffen der großen Industrie- und Schwellenländer wurden von einem starken Sicherheitsaufgebot begleitet. Die Demonstranten liefen die zentrale Avenida des 9. Juli hinunter, die Seitenstraßen waren von der Polizei abgesperrt worden.

Die Demonstranten skandierten: "Raus mit Trump und den imperialistischen Führern." Auf Transparenten war zu lesen: "Sie wollen Krieg und wir lassen sie nicht in Frieden." An der Spitze des Zugs marschierten barbusige Frauen, die sich die Flaggen der G-20-Länder auf den Oberkörper gemalt hatten.

"Der Kapitalismus und die G-20 wollen die natürlichen Ressourcen ausbeuten und uns zu 12 bis 14 Stunden Arbeit zwingen", sagte der Demonstrant Osmar. Der Textilarbeiter aus Bolivien lebt bereits seit 15 Jahren in Argentinien. "Ich verdiene 18.000 Pesos (rund 420 Euro) im Monat. Davon kann nicht einmal eine Katze überleben." (red, 30.11.2018)