Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) plant eine Aussprache mit Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ). Ob sie so freundliche ausfallen wird wie hier bei der konstituierendes Sitzung der Landesregierung im heurigen März ist fraglich.

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Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat in Drasenhofen durchgegriffen. In dem stacheldrahtumzäunten Abschiebewartequartier, wohin Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) vergangene Woche 14 negativ beschiedene, angeblich "kriminelle" minderjährige Asylwerber bringen ließ, wohnt niemand mehr.

Nach Protesten von NGOs und Medienberichten wurden sämtliche Jugendliche, alles junge Männer, aus dem tristen Bau unweit der tschechischen Grenze in die von der Caritas betriebene Betreuungseinrichtung St. Gabriel in Maria Enzersdorf gebracht. Just in jene Unterkunft, aus der Waldhäusl im heurigen Juni schwerkranke Bewohnerinnen und Bewohner wegbringen ließ. Das schaut nach einem Rüffel für den freiheitlichen Brachiallandesrat aus.

Wie geht es jetzt weiter? Zwar ist Mikl-Leitners Entscheidung zu loben: Sie kam gerade noch rechtzeitig – für die betroffenen Jugendlichen ebenso wie für die menschenrechtliche Glaubwürdigkeit der Republik.

Quartier nur vorübergehend geschlossen

Doch das Drasenhofener Quartier ist bloß vorübergehend geschlossen. Und Waldhäusl, der Österreich mit seinem Internierungsquartier einen Rückfall in die Zeiten des Ständestaats beschert hat, denkt nicht daran, klein beizugeben. Das führte er in einem ZiB2-Interview wortreich aus – und erteilte damit Mikl-Leitner noch vor der von ihr angekündigten Aussprache bei der Landesregierungssitzung am Dienstag eine Abfuhr.

Er könne die Kritik der Kinder- und Jugendanwaltschaft, die Grundlage für die raschen Verlegungen aus dem Wegsperrquartier war, nicht nachvollziehen, sagte der blaue Landesrat. Von einem Blatt Papier las er die Sündenregister der "notorischen Ordnungsstörer" vor. Dass es sich bei ihnen um Minderjährige handelt, für die besondere Rücksichten gelten, bremste ihn nicht.

Das war dreist, aber es war auch gut überlegt: Waldhäusl kennt seine Stärken, die unter anderem darin liegen, dass er in der Landespolitik erprobt ist und im Unterschied zu den meisten anderen für politische Ämter in Frage kommenden niederösterreichischen Blauen keiner schlagenden Verbindung angehört. Deren Mitgliedern misstraut die Landes-ÖVP wegen ihrer auf Vernetzung gründenden machtpolitischen Ambitionen.

Ball liegt bei Mikl-Leitner

Doch nicht nur deshalb dürften die Chancen des Waldviertlers, aus dem Drasenhofener Menschenrechtsskandal ohne politische Schäden herauszukommen, gut stehen. Auch wenn zu hoffen wäre, dass Mikl-Leitner am Dienstag Konsequenzen zieht und Waldhäusl die Asylagenden entzieht: Das ist unwahrscheinlich, denn immerhin sichern Warnungen vor "Flüchtlingswellen" und kriminellen Asylwerbern beiden Parteien im Bund eine komfortable Mehrheit. Misstöne aus St. Pölten sind da wohl unerwünscht.

Zudem könnte ein Bruch mit Waldhäusl das Verhältnis zwischen der türkisen Kanzlerpartei und ihrem Rechtsaußen-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) weiter trüben. Dieser für die Blauen wichtige Mann in der Bundesregierung, ein ausländerfeindlich Motivierter wie Waldhäusl, hat, wie er der Zeitung "Österreich" sagte, kein Problem mit dem Drasenhofener Stacheldrahtquartier.

Eine asylpolitische Konfrontation mit Kickl dürfte bis auf weiteres niemand in der Volkspartei riskieren. Und so steuert man in Österreich, von den Freiheitlichen getrieben und von der Volkspartei gebilligt, weiter in einen faschistoiden Sumpf im Umgang mit Fremden hinein. (Irene Brickner, 2.12.2018)