Dürfen sich von Steuergeldern geförderte Künstler und Kunstvereine parteipolitisch äußern? Diese Frage wird in Graz gerade ernsthaft diskutiert. Denn das Forum Stadtpark hatte einen Aufruf zur ersten Donnerstags-Demo in Graz geteilt, woraufhin FPÖ-Gemeinderat Armin Sippel die Kulturförderung für die Institution infrage stellte.

Man könnte freilich auch fragen: Wie soll man sich zu Politik äußern ohne Parteipolitik wenigstens zu streifen? Oder: Dürfen von Steuergeldern bezahlte Politiker ständig Grenzen überschreiten und Grundrechte ihrer Bürger infrage stellen?

Nichts Besonderes

Das Forum ist parteipolitisch, ideologisch und konfessionell laut Statuten seit 60 Jahren nicht gebunden und protestierte in der Vergangenheit auch gegen die SPÖ. Nichts Besonderes eigentlich.

Die gute Nachricht: Der ÖVP-Kulturstadtrat Günter Riegler kündigte an, das Budget auch mit der Opposition beschließen zu wollen. Die schlechte Nachricht: Er stimmt der FPÖ in der Kritik über das den Facebookbeitrag des Forums zu.

Konkret erklärte Riegler dem STANDARD, es sei etwas anderes, hätte die Institution etwa zum Protest gegen soziale Kälte aufgerufen. Weil es aber im Posting des Forums wortwörtlich – und wohl für niemanden überraschend – um die türkis-blaue Regierung ging, fehle hier die Trennung zwischen Partei- und Sachpolitik.

Gedichte und Bilder

Die Frage ist nur: Was tun, wenn die Sachpolitik einer Partei zuzuordnen ist. Oder eben zwei Parteien? Wo zieht man da die Grenze? Dürfen Künstler und Kunstinstitutionen ihren Protest an konkret Herrschenden bald nur mehr in verklausulierten Gedichten oder abstrakten Bildern übermitteln?

Statt hier Wortklauberei zu betreiben, wann und wie Künstler ihr Grundrecht der freien Rede und das Demonstrationsrecht wahrnehmen dürfen, sollte man sofort eine Grenze ziehen. Nicht bei den Künstlern, sondern bei Politikern, die versuchen über das Steuergeld, das sie zu verteilen haben, Repressionen auszuüben. Noch dazu gegen eine Gruppe von Bürgern, die zum großen Teil prekär lebt.

Das Sippel kein Einzelfall ist, zeigt ein Fall der keinen Monat her ist: Die Künstlerin Azra Aksamija wurde für den Kunstpreis der Stadt Graz vorgeschlagen. In der Stadtregierung stimmten alle Parteien für Aksamija – nur FPÖ-Chef Mario Eustacchio stimmte dagegen. Die Künstlerin hatte sich vor Jahren öffentlich gegen die missbräuchliche Verwendung ihrer Zitate durch die FPÖ in der Moscheen-Debatte gewehrt.

Schwarze Tradition

Dass die steirische ÖVP in kulturpolitischen Fragen nicht mit dem Koalitionspartner mitzieht, ist gerade angesichts der Koalition im Bund, beruhigend. Und man kann das auch als Weiterführung der Tradition schwarzer Kulturpolitik in diesem Bundesland sehen. Die war nämlich in der Steiermark jahrzehntelang mehr als einen Tick liberaler als sonst wo in Österreich. Unter anderem deswegen gibt es das Forum Stadtpark, den Steirischen Herbst oder die Diagonale in dieser Stadt. (Colette M. Schmidt, 2.12.2018)