Klagenfurt – Zu zwölf Jahren Haft ist am Montag in Klagenfurt eine 77 Jahre alte Kärntnerin verurteilt worden, weil sie versucht hat, ihren Ehemann zu erstechen. Dem Antrag der Staatsanwältin auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher wegen Zurechnungsunfähigkeit wurde nicht entsprochen, die Geschworenen befanden einstimmig, die Frau sei zurechnungsfähig.

Die Pensionistin hatte versucht, ihren Mann mit mehreren Messerstichen zu töten, sie war dazu auch von Anfang an geständig. Staatsanwältin Sandra Agnoli war mit ihrem Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einem psychiatrischen Gutachten gefolgt, das eine geistige Abartigkeit höheren Grades feststellte. Die Frau sei nicht zurechnungsfähig gewesen.

Frage der Zurechnungsfähigkeit

Um diese Frage drehte sich am Montag alles. Die beiden Sachverständigen, Walter Wagner und Peter Hofmann, waren unterschiedlicher Ansicht und blieben das auch bis zum Schluss. Wagner attestierte der Frau, im Moment der Tat keinen Entscheidungs- und Handlungsspielraum mehr gehabt zu haben. Dieses Bild habe sich durch die Aussagen der Angehörigen noch verstärkt. Die Pensionistin sei wahnhaft davon überzeugt gewesen, dement und hilflos zu werden. Darüber hinaus sei ihr älterer Ehemann zunehmend versorgungsbedürftig geworden. Ihr Vorschlag, gemeinsam ins Altersheim zu gehen, sei vom Mann abgelehnt worden.

Ganz anders sah das Hofmann. Für ihn war die Frau sehr wohl zurechnungsfähig. Sie sei in der Lage gewesen, das Unrecht ihrer Tat einzusehen und sie sei kaltblütig vorgegangen. Weiters sei sie nie verwirrt gewesen und habe somit definitiv gewusst, dass sie niemanden töten dürfe. Die psychische Störungsdimension erreichte seiner Ansicht nach kein Ausmaß, bei dem sie ihr Handeln nicht mehr hätte steuern können, auch wenn eine gewisse Wahnhaftigkeit vorhanden sei.

Einstimmig für Schuld

Verteidiger Alexander Todor-Kostic beantragte wie schon an einem früheren Verhandlungstag die Berufung eines dritten Experten, der sozusagen ein "Obergutachten" erstellen solle. Diesem Antrag schloss sich Staatsanwältin Agnoli an, der Richtersenat unter Vorsitz von Christian Liebhauser-Karl lehnte dieses Ansinnen aber neuerlich ab. Agnoli hielt in ihrem Plädoyer die Forderung nach Einweisung der 77-Jährigen aufrecht, sollte sie für zurechnungsfähig erklärt werden, müsse sie allerdings angemessen bestraft werden. Todor-Kostic appellierte an die Laienrichter, sich nicht von Juristen beeinflussen zu lassen, sondern mit Hausverstand zu entscheiden.

Mit dem Wahrspruch der Geschworenen, welche die Angeklagten einstimmig für zurechnungsfähig und ebenso einstimmig für schuldig erklärten, war der Verteidiger dann allerdings nicht einverstanden. Er legte ebenso wie Agnoli Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Die Frau selbst nahm das Urteil fast regungslos hin. Vor den Plädoyers hatte sie auf die Frage des Richters, ob sie noch etwas sagen wolle, lediglich gemeint, sie wolle nur nach Hause zu ihrem Mann. "Es kommen ja die Feiertage und er ist ganz allein." Der Mann hatte in seiner Aussage mehrfach erklärt, er sei seiner Frau nicht böse und er wolle sie möglichst bald wiedersehen. (APA, 3.12.2018)