Die 62-Jährige verhüllte ihr Gesicht mit einem Schal und wurde von zwei Justizwachebeamten in den Schwurgerichtssaal geführt.

Foto: APA/Barbara Gindl

Die gebürtige Berlinerin sitzt bereits zum zweiten Mal in der Causa vor Gericht. Der erste Richter fällte im Mai im Prozess wegen Körperverletzung mit Todesfolge ein Unzuständigkeitsurteil, weil es den Verdacht auf Mord gebe.

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Salzburg – Verhüllt mit einem schwarzen Schal betritt die Angeklagte am Montagvormittag den Salzburger Schwurgerichtssaal. Zwei Justizwachebeamte führen sie an den Kameras vorbei. Die Leiche ihres Lebensgefährten ist im Juni 2017 in einer grünen Regentonne in der Garage seines Hauses in Mattsee entdeckt worden. Die 62-jährige Deutsche soll ihm laut Anklage sechs Schlaftabletten verabreicht haben, weil ihr die Sexspiele mit ihm zu viel geworden waren. Sie fand ihn am nächsten Tag tot im Bett auf, wickelte die Leiche in mehrere Plastiksäcke, schleppte sie die Treppe hinunter und brachte sie in der Garage.

Es ist bereits der zweite Prozessauftakt in der Causa. Die Staatsanwaltschaft warf der Frau zunächst Körperverletzung mit Todesfolge vor. Der Richter befand im Mai jedoch, dass es sich um Mord handeln könnte – und fällte ein Unzuständigkeitsurteil. Nun muss ein Geschworenengericht über die Sache entscheiden. Neben Mord werden der Frau auch Störung der Totenruhe, Betrug, Diebstahl und Urkundenunterdrückung vorgeworfen. Der Strafrahmen beträgt zehn bis 20 Jahre oder lebenslänglich.

"Ich wollte, dass er schläft"

"Ich wollte ganz einfach, dass er fest schläft", sagt die Angeklagte und bekennt sich zum Mordvorwurf nicht schuldig. Die Schlaftabletten habe er selbst genommen, nachdem er auf Sex gedrängt habe. Sie sei aufgebracht gewesen und habe von ihm gefordert: "Jetzt nimmst du die und schläfst." Er sei zwar stinkig und beleidigt gewesen, habe sie aber widerwillig genommen. "Es ist schwer vorstellbar, dass jemand, der noch sexuell aktiv sein möchte, fünf Schlaftabletten nimmt", sagt der Vorsitzende Richter Philipp Grosser. "Ich war schon biestig und habe das mit Nachdruck verlangt", sagte die gebürtige Berlinerin. Was das Paar zuvor zusammen im Bett gemacht hatte, dazu wurde die Frau unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt.

Nach der Einnahme der Tabletten seien sie beide eingeschlafen. Irgendwann habe er so geschnarcht, dass sie aufstand und auf dem Sofa im Wohnzimmer weitergeschlafen habe. In der Früh sei sie nach oben gegangen, und er habe noch immer geschnarcht. Sie habe die Blumen gegossen, gefrühstückt und ihn dann gegen Mittag wecken wollen. "Von der Tür aus habe ich schon gesehen, dass irgendwas nicht stimmt. Er hatte Spucke vor dem Mund und lag so schräg da", schildert die Frau, die angibt, 34 Jahre als Krankenschwester gearbeitet zu haben. Er habe keinen Puls mehr gehabt. "Dann ist mir übel geworden. Ich musste mich erst einmal hinsetzen und habe mir dann einen Schnaps eingeschenkt", sagte sie bei der Einvernahme. Sie sei dann an den See hinausgegangen.

Leiche eingewickelt und in Garage geschleppt

"Ist Ihnen nicht der Gedanke gekommen, die Polizei oder den Notarzt zu rufen?", fragt Grosser. Ein Notarzt hätte nichts mehr genützt, erklärt die Angeklagte. Die Polizei habe sie nicht gerufen, weil es einen offenen Haftbefehl aus Deutschland gegen sie gab, sagt die Frau, die bereits 15-mal wegen Vermögensdelikten verurteilt worden ist.

Statt jemanden zu verständigen, wickelte sie die Leiche in ein Leintuch, umwickelte sie mit Plastiksäcken und Paketklebeband. "Ich dachte, ich kann ihn bei 30 Grad da nicht liegen lassen. In der Garage ist es kühl, deshalb habe ich ihn in die Garage geschleppt." Sie zog den Leichnam zur Treppe, setzte sich selbst hin, wuchtete ihn auf ihren Schoß und rutschte jede einzelne Stufe mit ihm hinunter. "Ich wollte ihn ja nicht die Treppe runterschmeißen. Damit ihm nichts passiert", sagt sie vor den Geschworenen. "Ich glaube, ich habe die halbe Nacht gebraucht, um ihn runterzubringen." Die grüne Regentonne, in der der Pensionist schlussendlich von seiner Ex-Frau gefunden wurde, habe sie extra gekauft. Denn nach einer Woche seien Körperflüssigkeiten in die Garage gelaufen. Am 27. Juni wurde die Leiche entdeckt, bereits stark verwest. Eine genaue Todesursache konnte die Gerichtsmedizin nicht mehr feststellen.

Flugsuche nach Santo Domingo

Ihr Handeln danach ist eher belastend. Die Frau verkaufte sein Auto und schickte von seinem Mobiltelefon aus Nachrichten an Freunde, ließ mehrere Kreditkarten auf seinen Namen ausstellen und suchte nach Flügen nach Santo Domingo in der Dominikanischen Republik. Vor Gericht liefert sie einige Erklärungen: Das Auto habe sie verkauft, weil die Leute sonst glauben könnten, dass er da sei. Einen Landschaftsgärtner habe sie kommen lassen, um so weiterzumachen wie davor. Die Handynachrichten habe sie verschickt, weil "ich wollte, dass niemand weiß, dass er tot ist". Die Kreditkarten seien als Notgroschen gedacht gewesen, wenn sie das Haus verlassen müsste.

Ihr Verteidiger Johann Eder betont, es gebe kein Motiv für eine Tötungsabsicht, die Angeklagte sei nicht erbberechtigt gewesen. Nicht einmal die Staatsanwaltschaft sei überzeugt, dass es ein Mord ist. "Wir wissen nicht, woran er gestorben ist", gibt Eder zu bedenken. Es habe sich objektiv nicht feststellen lassen. "Sie hat die falsche Entscheidung getroffen", sagt der Verteidiger. "Sie hätte einen Arzt oder die Polizei rufen sollen."

Der Prozess wird am Dienstag und Mittwoch fortgesetzt. DER STANDARD wird über das Urteil berichten. (Stefanie Ruep, 3.12.2018)