Die Zeche Zollverein in Essen ist heute Unesco-Weltkerbe.

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Daran erinnert sich jeder Bergmann: an die erste Fahrt unter Tage. Fast immer mit dabei ist die Angst. Und die Frage: "Willst du das wirklich?" Seine insgeheime Antwort gibt ein Kumpel im ersten von zwei Teilen der Arte-Doku Die Steinkohle (Dienstag, 20.15 Uhr) preis. "Eigentlich nicht."

Ende Dezember schließt in Bottrop die letzte deutsche Zeche. Es ist das Ende einer Epoche: jener des Steinkohleabbaus in Westeuropa – im STANDARD erschien am 24. November eine Reportage dazu.

Im 19. und 20. Jahrhundert in industriellem Maßstab betrieben, veränderte die Kohle das Leben der Menschen tiefgreifend. Sie lieferte die Energie für den Fortschritt in die Moderne. Entgrenzung wurde in vielerlei Hinsicht möglich, ob räumlich mit der Eisenbahn oder durch die in der Doku treffend formulierte "Sozialisierung des Lichts". Das Bürgertum genoss nie gekannten Wohlstand, man entdeckte die Freizeit, ließ Konventionen hinter sich. Der Preis dafür waren unmenschliche Arbeitsbedingungen unter Tage. Zwischen 1886 und 1906 starben in Preußen 22.000 Bergarbeiter bei Unfällen. Die autoritären Verhältnisse im Bergbau mündeten in die Arbeiterbewegung, 1889 kam es zum ersten organisierten Massenstreik im Ruhrgebiet.

Dort, im sogenannten Amerika des armen Mannes, konnte man sein Auskommen finden; risikobereite Unternehmer beschafften sich ein Vermögen – oder schlitterten in den Bankrott. Die neuen technischen Möglichkeiten wurden ebenso zum allgemeinen Wohl wie zur Verheerung verwandt. Die Kohle befeuerte die gesamte Schwerindustrie. Bis 1914 erlebte Europa eine Hochrüstungsphase ohnegleichen. Was folgte, war ein Weltkrieg. (Michael Robausch, 4.12.2018)