Caroline Peters sucht als Mutter Hilfe bei der Extremismusberatung.

Foto: Mona Film

Nina (Chantal Zitzenbacher, Mitte) ist zum Islam konvertiert. Ihre Mutter (Carolin Peters, li.) ist irritiert.

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Wie viele abwertende Umschreibungen kann man für das islamische Kopftuch und die weiten Überkleider finden? Es sind viele. Sie eine "patriarchale Unterdrückungsidee" zu nennen ist der sachlichste Kommentar, den Nina, 16 Jahre alt und Tochter aus liberal-bürgerlichem Wiener Haus, von ihrer Familie zu hören bekommt. Sie kifft nicht mehr und geht wieder zur Schule, stellen die Eltern gerade beruhigt fest. Da eröffnet Nina (Chantal Zitzenbacher) ihnen im Beisein der Familientherapeutin, dass sie zum Islam konvertiert ist. Online. Sie heißt jetzt Fatima, in ihrem Kinderzimmer hängen Poster aus der Moschee, und ab sofort trägt sie Hijab und Abaya.

"Fledermaus" und "Nonne"

Der Film Womit haben wir das verdient? von Eva Spreitzhofer – bisher bekannt als Schauspielerin und Drehbuchautorin, hier führt sie zum ersten Mal auch Regie – schießt dazu einen derben Kommentar nach dem anderen hinaus: "Fledermaus", "Barbapapa", "Ich wollt in deinem Alter Nonne werden". Man kann an dieser Stelle aber Entwarnung geben. Er meint es nicht böse.

Nach Arman T. Rihanis Die Migrantigen von 2017 über Wiener mit dem vielstrapazierten und dennoch wenig aussagenden Migrationshintergrund ist es wieder ein heimischer Film, der mit viel Humor mitten hinein in ein aktuelles Thema sticht, nämlich die Kopftuchdebatte und das Burkaverbot.

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Der Film macht seine Sache gut. Es steckt noch viel mehr in ihm als nur Schlagworte, mit denen heute oft Politik gemacht wird. Angetrieben wird er von pointierten Dialogen, die sich schnell aufschaukeln, um dann zum Punkt zu kommen. Etwa beim Geburtstagsessen für Ninas Mutter Wanda (Caroline Peters), zu dem die ganze Familie in der Altbauwohnung der Chirurgin zusammenkommt. Dazu zählt in diesem Fall das geschiedene Elternpaar (Vater: Simon Schwarz) inklusive neuer Partner (Marcel Mohab, Hilde Dalik). Gelebt wird manchmal ein bisschen krampfig nach dem Modell Wir-sind-alle-eine-große-Gemeinschaft. Man ist liberal und feministisch. Es wäre schon schwer verkaftbar, wäre die Tochter bloß katholisch geworden. Doch der "Fetzen" ist zu viel.

Was macht manalso , wenn die Tochter muslimisch wird? Man beschäftigt sich erst einmal näher mit dem Islam. Eine neue Welt der Burkinis, Hinterhofmoscheen und Konvertier-Tutorials auf Youtube tut sich für die Familie auf. Neben Verständnislosigkeit herrschen auf vermeintlich aufgeklärter österreichischer Seite doppelte Maßstäbe, vorauseilende Toleranz und viel Ahnungslosigkeit.

Wanda besucht die Beratungsstelle gegen Extremismus. Es gibt dort durchaus Erfolgsgeschichten zu vernehmen. Ein Mädchen, das schon angefangen hatte, Bomben zu basteln, wechselte zum Entschärfungsdienst des Bundesheers. Der erste Tipp für die darob kaum beruhigte Mutter: miteinander reden, lachen, essen.

Politische Korrektheit ist etwas, das einer Komödie naturgemäß eher im Weg steht. Dieser Film führt effektvoll Kontraste vor: halal und bio, muslimische Essensregeln und Vegetarismus, strenggläubige Muslime und katholische Abtreibungsgegner.

Die Mechanik funktioniert. Die Pointen sind dicht gepackt und Ninas Gründe für den Glaubenswechsel – hätte sie einmal jemand nach ihnen gefragt, hätte das vielleicht die Lage entschärft – humanistisch statt fundamentalistisch. So halten die flotten Szenen neben Überraschungen auch Einsichten bereit. Eine kurzweilige, herrlich komische und dabei kluge Komödie zur Zeit. (Michael Wurmitzer, 3.12.2018)