Auch Superstars wie LeBron James sind für Mannschaften keine Erfolgsgarantie.

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Wien – Die großen Ligen der Welt – egal ob in Fußball, Basketball, Baseball oder Eishockey – sind längst ein Milliardengeschäft. Und Spitzenspieler verdienen mehr denn je: Das durchschnittliche Bruttojahresgehalt eines Spielers der ersten Mannschaft des FC Barcelona, wo man am besten zahlt, beträgt nicht weniger als 11,8 Millionen Euro, was auch daran liegt, dass Barcelona-Superstar Lionel Messi allein jenseits der 50 Millionen Euro verdient.

Astronomische Gehälter gibt es auch in der National Basketball Association (NBA), der Profiliga in Nordamerika: LeBron James, der Superstar der NBA, wechselte im Juli zu den Los Angeles Lakers und wird in den nächsten vier Jahren 154 Millionen US-Dollar verdienen. Doch kann diese Verpflichtung seinem Team auch den begehrten Titel bringen? Im Moment sieht es noch nicht unbedingt danach aus.

Daten aus vier Top-Ligen

Diese Frage lässt sich dank einer neuen Studie aber auch wissenschaftlich beantworten. Ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung (Julia Neidhardt vom Forschungsbereich E-Commerce der TU Wien) hat nämlich eruiert, welche Faktoren die Siegeschancen von Teams aus der NBA, der englischen Fußball-Premier-League, der ersten indischen Cricket-Liga und der US-Major-League Baseball (MLB) beeinflussen. Zusätzlich bezogen die Wissenschafter Daten aus der Onlinegaming-Welt – nämlich aus dem Multiplayer-Kampfspiel "Defense of the Ancients 2" ("Dota 2") – ein.

Für die Untersuchung, die im Fachblatt "Nature Human Behaviour" veröffentlicht wurde, analysierten die Forscher zunächst die Stärke der Teams aufgrund der Leistungen der einzelnen Spieler – beim Basketball etwa aufgrund der erzielten Punkte, der Assists und Rebounds. Wie nicht weiter überraschend, lieferte die addierte Stärke der individuellen Spieler ziemlich gute Prognosen für die künftigen Erfolgsaussichten der Teams. Ein zusätzlicher Superstar-Effekt ließ sich aber nicht feststellen.

Kollektive Erfolgserfahrungen

Bei den Berechnungen zeigte sich aber noch ein anderer Faktor, den man als den kollektiven Rudi-Nierlich-Effekt bezeichnen könnte. Der verstorbene österreichische Skirennläufer, der sonst eher wortkarg war, prägte den Satz "Wenn's laft, dann laft's" – und das dürfte allem Anschein nach auch im Teamsport gelten, wo es auf die möglichst gute Kooperation der einzelnen Spieler ankommt.

Konkreter formuliert: Wenn die Forscher zusätzlich zur Spielstärke auch noch mitberechneten, wie viele Erfolge die Spieler bereits miteinander gefeiert hatten, dann wurden die Prognosen noch einmal besser. In einer wirklich erfolgreichen Mannschaft sind also anscheinend gute Einzelkönner über möglichst viele gemeinsame Erfolge zu einem Team zusammengewachsen.

Geltung über den Sport hinaus

Gerade im Spitzensport, wo das individuelle Können durchgehend hoch ist, komme dieser kollektiven Erfolgserfahrung eine messbare Bedeutung zu. Zur Überraschung der Forscher zeigte sich der Effekt auch in einer Sportart wie Baseball, bei der es in wichtigen Spielphasen viel stärker auf die Leistungen einzelner Spieler ankommt. "Das wiederum lässt vermuten", so Julia Neidhardt, "dass auch in anderen Bereichen, abseits des Sports, ähnliche Effekte auftreten." (Klaus Taschwer, 3.12.2018)