Frage: Wer sind die Jugendlichen aus Drasenhofen?
Antwort: Laut Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien, ist etwa die Hälfte von ihnen subsidiär schutzberechtigt, die andere Hälfte noch im Asylverfahren, zwei haben einen rechtskräftig negativen Asylbescheid. Laut FPÖ-Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl handelt es sich um "notorische Unruhestifter", die straffällig oder auffällig geworden sind. Manche von ihnen seien in schwere Kriminalitäts- oder Drohungsdelikte involviert gewesen. Die Caritas und die Diakonie Mödling bestätigen einzelne laufende oder abgeschlossene Verfahren. Diskutiert wird etwa der Fall eines Asylwerbers, der laut Waldhäusl eine Krankenschwester halbtot geprügelt haben soll, laut Caritas wurde ihr ein Finger gebrochen.

Die Jugendlichen von Drasenhofen sind in St. Gabriel untergebracht worden.
Foto: Christian Fischer

Frage: Wo sind die Jugendlichen nun?
Antwort: Nach einem Lokalaugenschein veröffentlichte die niederösterreichische Kinder- und Jugendanwaltschaft am Freitag einen Bericht, wonach das Quartier aus jugendrechtlicher Sicht "im derzeitigen Zustand nicht geeignet" erschien. Die zuständige Kinder- und Jugendhilfelandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) veranlasste nach Veröffentlichung des Berichts die sofortige Verlegung: In der Nacht von Freitag auf Samstag übersiedelten neun Jugendliche ins Haus St. Gabriel der Caritas in Maria Enzersdorf, sieben folgten in den Tagen danach. Damit scheinen alle Jugendlichen, die Drasenhofen zwischenzeitlich bewohnt haben, nun umgezogen zu sein – dort waren in Summe sieben Burschen abgängig.

Die Debatte um das Asylheim Drasenhofen geht weiter. Das Haus mit dem Stacheldraht ist ja am Freitag gesperrt worden, die minderjährigen Bewohner wurden umgesiedelt. Der verantwortliche Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl ist mit Rücktritt-Aufforderungen konfrontiert, die er zurückweist.
ORF

Frage: Was passiert mit den Jugendlichen, wenn sie 18 Jahre alt sind?
Antwort: In St. Gabriel sind sie in der Obhut der Kinder- und Jugendhilfe. Diese ist für sie zuständig, bis sie 18 sind. Danach sollen die Teenager "grundsätzlich" wieder in Quartiere der Grundversorgung überstellt werden, heißt es aus dem Büro der roten Kinder- und Jugendhilfslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig. Noch habe man die Biografien nicht aufgearbeitet. Jugendliche mit besonderem Betreuungsbedarf könnten auch für eine bestimmte Zeit nach dem 18. Geburtstag begleitet werden. Hat ein Asylwerber bereits einen rechtskräftig negativen Asylbescheid, wird es einfacher, ihn abzuschieben, sobald er 18 ist.

Das Quartier für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Grenzort Drasenhofen ist zumindest vorübergehend nicht bewohnt.
Foto: APA

Frage: Wie kam es eigentlich zu dem Quartier in Drasenhofen?
Antwort: Das Quartier an sich gibt es schon länger, heuer war es einige Monate geschlossen. Im Zuge des niederösterreichischen Maßnahmenplans "Flüchtlinge und Integration mit Sicherheit" im Herbst wurde es am 26. November unter verschärften Sicherheitsbedingungen wiedereröffnet. Betrieben wird es von der ASOB Asyl Sonderbetreuungs GmbH. Diese war bis Redaktionsschluss für den STANDARD nicht erreichbar. Christian Kogler ist seit 13. November 2018 der Geschäftsführer der GmbH. Kogler wird auch auf der Website SLC-Asylcare, einem der größten Asylunterkunftsbetreiber Niederösterreichs als Geschäftsführer angeführt, nach Angaben des Unternehmens hat er dieses aber vor kurzem verlassen.

Manche Burschen, die letzte Woche nach Drasenhofen kamen, waren vorher in einem Quartier der Diakonie Mödling untergebracht. Dort wusste man bis zur Überstellung der Jugendlichen nicht, wo sie hinkommen würden, und spricht von einer "Nacht-und-Nebelaktion". Nun liege das Quartier "quasi auf Eis und könnte bei Bedarf wieder als Asylquartier in Erwägung gezogen werden", heißt es aus dem Büro Waldhäusls.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) will das Thema Drasenhofen bei der Sitzung der Landesregierung besprechen.
Foto: Robert Newald

Frage: Wann hat Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) von dem Quartier erfahren?
Antwort: Von dem Quartier mit einem Stacheldraht habe man am Donnerstag erfahren, heißt es aus dem Büro der Landeshauptfrau. Ob Mikl-Leitner über den Bezug des Quartiers vorab informiert wurde, wisse man nicht. Allerdings sei der springende Punkt die Art der Unterbringung, von der sie erst durch die mediale Berichterstattung erfahren habe.

Frage: Was passiert mit Waldhäusl?
Antwort: Mehrere Parteien forderten bereits Gottfried Waldhäusls Rücktritt, darunter sein Vorgänger als Asyllandesrat, Maurice Androsch (SPÖ), die niederösterreichischen Neos, die Liste Jetzt (ehemals Pilz), die roten Jugendorganisationen und die niederösterreichischen Grünen – diese kündigten an, bei der heutigen Landesratssitzung einen Misstrauensantrag einzubringen. Eine Absetzung gilt als unwahrscheinlich. Wegen des Proporzsystems kann die ÖVP ihm höchstens die Asylagenden entziehen.

Mikl-Leitner (ÖVP) kündigte eine Behandlung des Themas in der heutigen Sitzung der Landesregierung an. In Richtung Waldhäusl meinte sie: "Klar ist, dass eine derartige Situation nicht mehr vorkommen darf." Der Landesgeschäftsführer der niederösterreichischen ÖVP, Bernhard Ebner, rief zur Sachlichkeit auf und erklärte in einer Aussendung, Waldhäusl habe mit dem Befestigen eines Stacheldrahts "bewusst überzogen und das Fass zum Überlaufen gebracht".

Parallel zum politischen Hickhack läuft derzeit mindestens eine Strafanzeige gegen Waldhäusl: Der Rechtsanwalt Georg Zanger brachte am Sonntag eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauchs bei der Staatsanwaltschaft ein.

Die Grünen werden gegen Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) einen Misstrauensantrag einbringen.
Foto: Robert Newald

Frage: Wie reagierte die FPÖ?
Antwort: Waldhäusl wiederum kritisierte Mikl-Leitner scharf: Ihr scheine der Schutz der Täter wichtiger zu sein als jener der Opfer und der Bevölkerung. Rücktrittsaufforderungen wies Waldhäusl am Montag entschieden zurück. Auch die gegen ihn erstattete Anzeige wegen Freiheitsentzugs hält er für unbegründet. Innenminister Herbert Kickl hatte mit Drasenhofen kein Problem. "Einen Wachdienst und einen Zaun – das alles gibt es auch in Traiskirchen", sagte er Österreich. (Oona Kroisleitner, Gabriele Scherndl, 3.12.2018)